Der russische Luftkrieg gegen Städte und zivile Infrastruktur nimmt seit 2022 stetig zu
Russlands Luftangriffe richten sich seit September 2022 gezielt gegen den Agrarexport, die Wärme- und Energieversorgung und damit verbundene Industrieproduktion, insbesondere der Rüstungsunternehmen. Gleichzeitig sollen die Angriffe den Widerstandswillen der ukrainischen Bevölkerung brechen. Doch trotz zwischenzeitlicher Strom-Notabschaltungen ist es Russland bislang nicht gelungen, die Energieinfrastruktur so stark zu zerstören, dass Produktion und das zivile Leben in der Ukraine zum Erliegen kommen.
Russland hat seine Angriffsstrategie auf zivile Ziele seit 2022 mehrfach angepasst. Im ersten Kriegswinter lagen die Angriffe zeitlich so weit auseinander, dass die entstandenen Schäden rechtzeitig behoben werden konnten, ohne dass das Stromnetz über längere Zeit zusammenbrach.
Daraufhin änderte Moskau sein Vorgehen und griff ukrainische Städte in immer kürzeren Abständen an. Während im ersten Kriegswinter von September 2022 bis April 2023 maximal sieben Angriffswellen pro Monat registriert wurden, stieg diese Zahl im zweiten Kriegswinter auf über 20. Seit März 2024 vergeht kaum ein Tag, an dem Russland nicht die Städte und Infrastruktur mit Drohnen, Marschflugkörpern und Raketen angreift.
Die Art der eingesetzten Waffen spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle in der russischen Luftkriegsstrategie. Marschflugkörper und ballistische Raketen sind besonders gefährlich, da sie schwer abzufangen sind. Im Jahr 2024 lagen die Einsätze bis zum Sommer bei weniger als zehn Marschflugkörpern und Raketen pro Trag in Kombination mit zwei bis vier monatlichen größeren Angriffswellen. In dieser Zeit füllte Russland die Arsenale für die großen Angriffswellen im Winter auf, die 2024 am 17. November begannen und bis heute andauern. Neben der Häufigkeit hat vor allem der Umfang der Angriffswellen stark zugenommen. Russland setzte 2024 etwa 60 % mehr Marschflugkörper und Raketen ein als im Vorjahr, insgesamt etwa 2.200. Einschließlich der Drohnen vervierfachte sich die Gesamtzahl der eingesetzten Flugkörper auf zivile Ziele in der Ukraine innerhalb eines Jahres sogar. Die Gesamtsumme aller Flugkörper stieg von etwa 4.500 im Jahr 2023 auf 13.500 im Jahr 2024, davon entfallen 2024 rund 11.000 auf Drohnen. Die Dynamik beim Drohneneinsatz ist am auffälligsten: Im November 2024 war die Zahl eingesetzter russischer Drohnen siebenmal höher als zu Beginn des Jahres.
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Erfolgreiche ukrainische Luftverteidigung und andauerndes Bedrohungspotential
Eine der wichtigsten Erkenntnisse aus den Daten und Analysen der vergangenen Monate bezieht sich auf die ukrainische Luftabwehr und deren Reaktionsfähigkeit auf die russischen Angriffe. Im vergangenen Jahr wurden von den etwa 13.500 gegen die Ukraine eingesetzten Flugkörpern etwa 1.900 nicht abgefangen. Diese wichtige Kennzahl sank in den letzten Monaten, obwohl Russland so intensiv wie noch nie zivile Ziele der Ukraine angriff.
Erfolge der Drohnenabwehr
Der Versuch, mit der Quantität der Flugkörper die ukrainische Flugabwehr zu überlasten, ist Russland nicht gelungen. Die Effizienz der ukrainischen Flugabwehr verbesserte sich besonders im Bereich der Drohnenabwehr, die immer häufiger durch frühzeitige elektronische Störungen (Electronic Warfare, EW) zum Absturz gebracht werden. Die kombinierte Abfang- und Absturzrate der Drohnenabwehr stieg 2024 kontinuierlich von 70 % im Januar auf 99 % im Dezember an. Auf den Einsatz von EW zur Störung der Navigation von Flugobjekten entfallen bis zu 60 % der Drohnenabstürze
Russland reagierte mit einer weiteren Erhöhung der Quantität seiner eingesetzten Flugkörper und setzt seit September 2024 vermehrt Drohnen-Attrappen ein – der Anteil wird auf 50 % geschätzt –, um die ukrainische Flugabwehr zu überlasten. Attrappen wie die »Gerber«-Drohne oder modifizierte Shahed-Drohnen werden aus günstigen oder leichteren Materialien gebaut. Die Drohnen sollen sich so lange wie möglich im ukrainischen Luftraum halten, um die Ukrainische Flugabwehr abzulenken und einen hohen Munitionsverbrauch zu provozieren. Solange die Abfangquoten der Drohnen auf über 95 % verbleiben, zeigt dies, dass die ukrainische Technikentwicklung derzeit einen wichtigen Entwicklungsvorteil gegenüber der russischen hält. Die Situation 2025 kann sich aber von Monat zu Monat ändern, weswegen ein engmaschiges Monitoring wichtig ist.
Die ersten Wochen des Jahres 2025 zeigen leider, dass die Abfangrate abnimmt, was auf Probleme bei der Nachlieferung von Flugabwehrmunition bzw. die daraus resultierende Rationalisierung hinweist. Umso wichtiger ist die rasche technische Nachrüstung der Ukraine. Ein vielversprechendes Beispiel ist die Entwicklung von Laser-Waffen, von der man sich verspricht, bald auch Shahed-Drohnen abschießen zu können.
Marschflugkörper und ballistische Raketen bleiben eine Herausforderung
Im November 2024 setzte Russland 295 Marschflugkörper und Raketen ein, der höchste Wert seit Beginn der Datenerhebung im September 2022. Unsere Prognose[1], dass Russland im Sommer und Herbst Reserven für massive Luftangriffe im Winter anlegte, hat sich damit leider bestätigt. Die hohe Zahl im November resultierte vor allem aus dem Einsatz von Marschflugkörpern der Typen Kalibr und Kh-101, die mit einer Fluggeschwindigkeit von unter Mach 1 (ungefähr vergleichbar mit der Geschwindigkeit eines Passagierflugzeugs) operieren und mit Flugabwehrsystemen verhältnismäßig gut abgeschossen werden können, was sich in einer Abfangrate von über 80 % zeigt.
Der Marschflugkörper vom Typ Kh-101/55 bleibt der am meisten eingesetzte Typ mit über 800 Einsätzen in 2024. Das monatliche Produktionspotential schätzen wir auf deutlich über 50, vermutlich 70–80 Stück allein dieses Typs. Der brutale Angriff auf die Kinderklinik Ochmatdyt in Kyjiw am 8.Juli 2024 zeigt deutlich, welchen Schaden ein nicht abgefangener Marschflugkörper dieses Typs anrichtet. Eine deutlich größere Zahl der seit 2024 an die Ukraine ausgelieferten F-16- Kampfflugzeuge würde die Flugabwehr entlasten und die Abfangquote weiter erhöhen. Es ist nicht nur technisch möglich, Kampfflugzeuge zum Abschuss von Marschflugkörpern in diesem Geschwindigkeitsbereich einzusetzen, es spart am Einsatz der begrenzt zur Verfügung stehenden höherwertigen Flugabwehrmunition und ist deutlich billiger.
Ballistische Raketen stellen nach wie vor die größte Bedrohung im Luftkrieg dar. Russland setzte 2024 etwa 300 Raketen vom Typ Iskander-M und dem nahezu baugleichen nordkoreanische Typ KN-23 (Hwasong-11Ga). Davon konnten 250 nicht abgefangen werden. Im Laufe des Jahres zeigte der Einsatz ballistischer Raketen deutliche Schwankungen, was auf das schwindende Kontingent aus Nordkorea zurückzuführen ist. Ab August war ein Rückgang der monatlichen Einsätze erkennbar[2]. Nordkoreanische KN-23-Raketen machten mit etwa 100 Stück rund 30 % der eingesetzten ballistischen Raketen aus. Es wird befürchtet, dass Nordkorea auch 2025 weitere Lieferungen an Russland plant. Der ukrainische Militärgeheimdienst berichtet von einer geplanten Lieferung von 150 ballistischen Raketen im Jahr 2025[3].
Russische Flugabwehrraketen als Angriffswaffen
Zu Beginn des Jahres setzte Russland vermehrt S-300- und S-400-Flugabwehrraketen als Angriffswaffen gegen zivile Ziele in der Ukraine ein, die aufgrund der begrenzen Reichweite ausschließlich frontnahe Regionen bedrohen. Mit etwa 300 nicht abgefangenen Raketen führen diese Modelle die Statistik an. Aufgrund ihrer ungenauen Zielgenauigkeit kamen sie vor allem gegen Flächenziele wie Wohngebiete zum Einsatz. In den letzten Monaten war jedoch ein Rückgang solcher Angriffe zu beobachten.
Die Belastung der Städte durch den russischen Luftkrieg
Die Städte in der Ukraine waren in den letzten drei Kriegsjahren sehr unterschiedlich von Angriffen betroffen. Kyjiw stand 2023 regelmäßig unter Beschuss. Im ersten Halbjahr 2024 blieb die Hauptstadt weitgehend verschont, doch ab Oktober nahmen die Luftangriffe wieder zu. Bis Jahresende griff Russland Kyjiw etwa 200 Mal an.[4]
Charkiw war wie kaum eine andere Stadt permanenten Angriffen ausgesetzt und wurde im vergangenen Jahr 318 Mal angegriffen.[5] Städte wie Charkiw, die sich in der Reichweite von Gleitbomben oder Raketen kurzer Reichweite (bis 350 km) befinden, leiden stärker unter dem Luftkrieg als weiter westlich gelegene Städte wie Lwiw oder Tschernihiw. Der Rückgang des Einsatzes von Gleitbomben ab Herbst brachte jedoch eine merkliche Entlastung und Charkiw wurde im Dezember nach Angaben von Bürgermeister Ihor Terechow weniger intensiv beschossen als in den Vormonaten.[6]
Der Rückgang dieser der Gleitbombenangriffe[7] ist auf die – späte, aber wichtige – Entscheidung der westlichen Verbündeten zurückzuführen, der Ukraine Angriffe mit westlichen Waffen auf russische Flughäfen und Logistikpunkte auf russischem Territorium zu gestatten.
Bereits die mit Auflagen erteilte Freigabe im Mai, russische Abschussvorrichtungen in der Nähe Charkiws anzugreifen, zeigte unmittelbar Wirkung. Schon im Juni ging die Zahl der Angriffe auf die Stadt[8] spürbar zurück. Dies unterstreicht die Dringlichkeit, der Ukraine mehr Autonomie und moderne Waffensysteme für präzise Angriffe auf russische Logistikhubs zur Verfügung zu stellen. Leider ändert sich der Trend wieder seit Beginn des Jahres 2025. Es werden wieder mehr Gleitbombeneinsätze berichtet.
Die Bereitstellung von Flugabwehrsystemen und -munition ist entscheidend
Noch im Sommer blieb unklar, ob die westlichen Verbündeten rechtzeitig genügend Abwehrmunition für den Winter liefern würden.[9] Doch seit Herbst zeigt sich, dass es Russland zunehmend weniger gelingt, die ukrainische Flugabwehr in großem Umfang zu überwinden. Dies ist vor allem auf den bereits erwähnten verstärkten Einsatz elektronischer Kriegsführung zur Drohnenabwehr sowie auf die Lieferungen von Flugabwehrmunition zurückzuführen. Die Zahl der nicht abgefangenen Flugkörper sinkt trotz der intensiven Angriffswellen im Winter kontinuierlich und liegt inzwischen deutlich unter den Werten vom Jahresanfang und Spätsommer.
Die eigentlichen Krisenmonate waren daher Januar und März 2024, als die ukrainische Flugabwehr mit akuten Munitionsengpässen zu kämpfen hatte. Danach sank die Quote der nicht abgefangenen Flugkörper. Den kontinuierlichen Nachschub von Flugabwehrsystemen- und Munition sicherzustellen ist daher zentral für den Schutz des zivilen Lebens und der Wirtschaft in der Ukraine. Es ist zu befürchten, dass der jüngste Trend im Januar 2025 einen erneuten Engpass bei der Flugabwehrmunition belegt.
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Verheerende Schäden im Energiesektor und der zivilen Infrastruktur
Die Auswirkungen des Luftkriegs auf die ukrainische Infrastruktur sind verheerend und betreffen zahlreiche Lebensbereiche. Ein Bericht der Kyiv School of Economics bezifferte den Gesamtschaden im ukrainischen Energiesektor bereits im Mai 2024 auf über 56 Milliarden US-Dollar.[10] Für eine vollständige Wiederherstellung der beschädigten Energieinfrastruktur nach dem »Build Back Better«-Prinzip wären etwa Investitionen von 50 Milliarden US-Dollar erforderlich. Die Schäden sind enorm und lassen sich kurzfristig nicht beheben. Die Internationalen Energieagentur (IEA) schätzt das Stromdefizit in der Ukraine diesen Winter auf bis zu 6 Gigawatt[11] – etwa ein Drittel des Spitzenbedarfs. Bereits im Sommer betrug das Defizit 2,5 GW, was in Städten wie Kyjiw zu längeren Stromausfällen führte. Die größten Angriffswellen des Jahres 2024 am 2. Januar, 22. März, 26. August, 17. und 28. November sowie am 13. und 25. Dezember verursachten erhebliche Schäden und führten zu Notabschaltungen. Der ukrainische Energieversorger DTEK berichtet von über 200 Angriffen auf seine Kraftwerke seit Februar 2022.[12]
Kritische Infrastruktur weiterhin Ziel russischer Angriffe
Die Gefahr, dass die Ukraine auch künftig wichtige Infrastruktur verliert, insbesondere bei der Elektrizitätserzeugung, bleibt bestehen. Die Anzahl nicht abgefangener Raketen ist weiterhin zu hoch, was zu weiteren massiven Schäden und größeren Versorgungsengpässen führen wird.
Neben dem Energiesektor hat der russische Luftkrieg auch andere kritische infrastrukturelle Bereiche wie Gesundheitsversorgung und Bildung schwer getroffen. Ein Bericht von Physicians for Human Rights (PHR) und Truth Hounds dokumentiert etwa 780 Angriffe auf ukrainische Krankenhäuser seit Februar 2022.[13] Dabei kamen mindestens 244 Ärzt:innen und medizinisches Personal ums Leben. Sowohl die Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen als auch so genannte »double tab strikes« – d. h. ein zeitlich verzögerter Luftschlag auf ein zuvor angegriffenes ziviles Ziel, um Rettungskräfte gezielt zu töten – haben 2024 einen alarmierenden Höchststand erreicht. Truth Hound hat von Februar 2022 bis Ende August 2024 mindestens 36 dieser heimtückischen Zweitschlag-Angriffe verifiziert.
Technologischer Wettlauf und strategische Herausforderungen im Jahr 2025
Im Jahr 2025 wird der technologische Wettlauf um Innovationen in der Kriegsführung weiter an Dynamik gewinnen, unabhängig von den geopolitischen Entwicklungen und dem Engagement der neuen US-Administration in der Ukraine. Wer den Krieg nicht verlieren will, muss die Lieferung der wichtigsten Waffensysteme und Munition zur ukrainischen Luftabwehr absichern.
Dieser Wettlauf umfasst insbesondere Fortschritte in der Drohnentechnologie, der elektronischen Kriegsführung, der Softwareentwicklung und der Nutzung von Satellitensystemen. In der Drohnenentwicklung der Ukraine zeigte 2024 leichte Vorteile, etwa durch die Entwicklung von Schwarmkonzepten, die auch unter dem Einsatz feindlicher EW-Maßnahmen erfolgreich operieren können.[14] Russland versucht mit ground control systems (GCSs), die unabhängig agierende Drohnenschwärme steuern können soll, diesen Vorsprung aufzuholen. Wie schnell Russlands KI-gestützte Kampfsysteme einsetzbar sind und zu einem echten Vorteil im Luftkrieg werden, ist ungewiss. Auch wenn Russland zunehmend GPS-unabhängige Drohnen einsetzt – etwa durch den Einsatz des neuen Digital Scene Matching Area Correlator (DSMAC), der Echtzeit-Bilder der Bordkamera mit einer vorinstallierten Geländekarte vergleicht –, kann dieses System nicht als echte autonome Navigation betrachtet werden, eine entscheidende Voraussetzung für den Übergang zu vernetzten Drohnenschwärmen.
Chinas Rolle für die russische Rüstungsindustrie
Mittelfristig wird Russlands Vorsprung in der Waffen- und Munitionsproduktion weiter abnehmen. Ökonomische Probleme und Lieferengpässe, die bereits jetzt die Raketenproduktion belasten, dürften sich in der zweiten Jahreshälfte 2025 verschärfen.[15] Für den weiteren Kriegsverlauf ist es entscheidend, wie bereit China ist, die Rolle des Rettungsankers für Moskau zu spielen.
Trotz Zurückweisungen des chinesischen Außenministeriums unterstützen nach Angaben des ukrainischen Geheimdienstes chinesische Unternehmen bereits jetzt Russlands militärische Infrastruktur mit Bauteilen und Produktionselementen, und sogar mit EW-Störgeräten zum Schutz von Drohnen-Fabriken wie im russischen Alabuga.[16] Der Ausbau eines nahegelegenen Verkehrsknotenpunkts mit direkter Bahnverbindung nach China, der jährlich bis zu 100.000 Container transportieren soll, unterstreicht diese Dynamik.
Gleichzeitig bleibt der Export westlicher Dual-Use-Güter problematisch. Elektronische Komponenten, die für die Drohnen- und Raketenproduktion genutzt werden, gelangen trotz Sanktionen weiterhin nach Russland. Verschärfte Maßnahmen gegen China als Transitland könnten hier ein entscheidender Hebel sein, um Russlands militärische Kapazitäten zu schwächen.[17] 2025 wird auch in Hinblick auf den Technologietransfer zwischen den BRICS-Staaten ein entscheidendes Jahr für Russland, um unabhängiger von westlichen Technologien zu werden. Die jüngsten Abkommen und Investments in KI-Partnerschaften sowie Putins Auftrag an Sberbank CEO Herman Gref bis April eine Roadmap diesbezüglich vorzulegen, zeigen, dass Russland insbesondere bei der technologischen Aufrüstung nicht nur den Krieg in der Ukraine im Blick hat.
Nordkorea ist ein wachsender Bedrohungsfaktor
Nordkoreas Zusammenarbeit mit Russland wird auch 2025 ein wichtiger Faktor für die Gefährdung der ukrainischen Infrastruktur. Die Ausweitung der 200 Produktionsstätten für Waffen und Munition in Nordkorea ist jetzt schon zu beobachten. Sie produzieren rund um die Uhr auf voller Kapazität.[18] Das gilt auch für die Produktionsstätten ballistischer Raketen vom Typ KN-23, die mit der baugleichen Iskander-M-Rakete die größte Herausforderung für die Luftverteidigung der Ukraine darstellt. Die Intensivierung der nordkoreanisch-russischen Beziehungen mit einer ganzen Reihe an Rüstungsvereinbarungen und der Entsendung nordkoreanischer Soldaten ging nach jüngsten Berichten von Nordkorea aus.[19] Wenn Nordkoreas zunehmende Eigenständigkeit in Konflikt mit Chinas strategischen Zielen geraten, könnte Peking 2025 gezwungen sein, Druck auf Pjöngjang auszuüben. Dies ist auch relevant für eine abgestimmte Politik der USA und Europas gegenüber China.
Empfehlungen für eine wirksame Ukraine-Strategie
Für die Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Luftkrieg gibt es zentrale Empfehlungen, an denen sich die Ausgestaltung der weiteren Ukraine-Hilfe orientieren sollte.
1. Russlands militärische Infrastruktur schwächen
Neben der Einschränkung der Rüstungsproduktion in Russland ist die Ausschaltung der russischen Logistikhubs, Flughäfen und Treibstoff-Produktionsstätten die effektivste Maßnahme, um das russische Angriffspotenzial zu reduzieren und insbesondere die ukrainische Bevölkerung in den frontnahen Regionen zu schützen.
Die Abnahme der Gleitbombeneinsätze im Dezember, die auf eine komplexe russische Logistik und Flughafeninfrastruktur angewiesen sind, zeigt, wie erfolgreich diese Strategie ist. Auch weitere technische Unterstützung für die Unterbindung von Gleitbombenangriffen gilt es in die Handlungsoptionen einzubeziehen.[20]
2. Flugabwehr stärken
Die effektivste Maßnahme zum Schutz der Ukraine ist die Erhöhung der Lieferungen von Flugabwehrsystemen, Radar-Ersatzteilen und Abwehrmunition auf allen Ebenen, wozu auch die effektiven deutschen IRIS/T-Systeme gehören. Besonders dringend benötigt die Ukraine PAC-3-Raketen (Patriot-System) und Aster-Raketen (SAMP/T-System), um ballistische Raketen abzuwehren[21]. Die Munitionsproduktion für diese Systeme muss ausgebaut werden. Langfristige Aufträge sind dafür dringend erforderlich, um Investitionen in den Produktionsausbau auszulösen.
3. Sanktionen gegen Russland und China verschärfen
Um die russische Rüstungsproduktion weiter einzuschränken, müssen westliche Sanktionen und Exportkontrollen konsequenter durchgesetzt und verstärkt werden. Russland bezieht nach wie vor viele Waffenkomponenten wie Mikrochips aus dem Westen – auch aus Deutschland – wie Recherchen zeigen.[22] Besonders die Rolle Chinas als Produktions- und Transitland für Dual-Use-Güter erfordert entschlossenes Handeln. Ein Beispiel ist die US-Maßnahme vom 30. Oktober 2024[23], bei der fast 400 Akteure aus mehreren Ländern sanktioniert wurden – die bislang größte Maßnahme gegen russische Sanktionsumgehung.
4. Die eigene Verteidigungsstrategie ausbauen
Deutschland sollte sich mehr engagieren, sowohl als wichtiger Produktionsstandort als auch im Rahmen einer europaweiten Verteidigungskooperation. Eine effektive Verteidigungsindustrie ist nicht nur für die Ukraine, sondern auch zur Abschreckung weiterer russischer Aggressionen von zentraler Bedeutung.
Wir appellieren an die Unterstützer der Ukraine, eine bessere, vorausschauende Strategie zu entwickeln, die genügend Ressourcen zur Verfügung stellt, damit die Ukraine diesen Krieg 2025 nicht nur überlebt, sondern so bald wie möglich beenden und einen gerechten Frieden wiederherstellen kann. Auch wenn die Ukraine besser durch diesen Kriegswinter gekommen ist als befürchtet, operiert sie – was die Stromkapazität betrifft – am Limit. Gelingt es Russland noch einmal wie 2024, zehn Großangriffe mit jeweils mehr als 50 Raketen zu realisieren, droht tatsächlich der Kollaps des Stromnetzes – mit fatalen Folgen für die Bevölkerung und die Wirtschaft.
Der Text basiert auf dem Newsletter »Monitor Luftkrieg Ukraine – Analysen zum Schutz ukrainischer Städte und Infrastruktur«, der monatlich von den Kyjiwer Gesprächen herausgegeben wird. Der Monitor bietet datenbasierte Analysen und Empfehlungen zur Unterstützung der Ukraine. Die Analysen basieren auf einer umfangreichen Datenbank aller rund 20.000 russischen Luftangriffe auf ukrainische Städte und zivile Infrastruktur seit September 2022. Die Daten stammen aus Tagesberichten des US-amerikanischen Institute for the Study of War (ISW) und werden abgeglichen mit berichteten Abschusszahlen der ukrainischen Luftwaffe, Schadensberichten regionaler und lokaler Verwaltungen sowie OSINT-Quellen.
Weitere Informationen zum Monitor Luftkrieg Ukraine und der Methode sowie alle bisher erschienenen Ausgaben gibt es unter https://www.kyiv-dialogue.org/.
Verweise
[1] https://european-resilience.org/sites/default/files/inline/images/russlands_raketenkrieg_gegen_ukrainische_zivilisten.pdf
[2] https://www.kyiv-dialogue.org/de/news/newsreader/monitor-luftkrieg-ukraine-vol-ii.html?file=files/KIEV_DIALOGUE/Monitor%20Luftkrieg%20Ukraine/%E2%86%93%20Luftkrieg%20Monitor%20Vol%202_WEB.pdf&cid=16801
[3] https://www.twz.com/news-features/more-north-korean-artillery-troops-heading-to-russia-ukraine-intel-chief
[4] https://kyivindependent.com/russia-launched-over-1-300-drone-strikes-250-missiles-at-kyiv-in-2024/
[5] https://www.understandingwar.org/sites/default/files/Russian%20Offensive%20Campaign%20Assessment,%20January%202,%202025%20PDF.pdf
[6] https://www.understandingwar.org/sites/default/files/Russian%20Offensive%20Campaign%20Assessment,%20January%202,%202025%20PDF.pdf
[7] https://www.kyiv-dialogue.org/de/news/newsreader/monitor-luftkrieg-ukraine-vol-ii.html?file=files/KIEV_DIALOGUE/Monitor%20Luftkrieg%20Ukraine/%E2%86%93%20Luftkrieg%20Monitor%20Vol%202_WEB.pdf&cid=16801
[8] https://www.washingtonpost.com/world/2024/06/21/ukraine-firing-range-us-weapons-russia/
[9] https://european-resilience.org/sites/default/files/inline/images/russlands_raketenkrieg_gegen_ukrainische_zivilisten.pdf
[10] https://kse.ua/wp-content/uploads/2024/06/KSE_Impact-of-the-war-on-energy_ENG-1.pdf
[11] https://kyivindependent.com/recent-russian-attacks-hit-3-of-ukrainian-energy-giant-dteks-5-operational-thermal-power-plants-reuters-reports/
[12] https://t.me/dtek_ua/2193
[13] https://truth-hounds.org/wp-content/uploads/2024/12/u-temryavi-yak-ataky-na-energetychnu-infrastrukturu-vplyvayut-na-systemu-ohorony-zdorov%CA%BCya.pdf
[14] https://www.understandingwar.org/backgrounder/russian-offensive-campaign-assessment-december-27-2024[15] https://x.com/Volodymyr_D_/status/1800972618625056871
[15] https://edition.cnn.com/2024/12/27/europe/russia-ukraine-war-drones-alabuga-factory-intl-invs/index.html
[16] https://www.washingtonpost.com/national-security/2024/12/05/russian-sanctions-weapons-ukraine-war/
[17] https://www.wsj.com/world/russia-north-korea-weapons-shipment-676d7f52
[18] https://www.nytimes.com/2024/12/23/us/politics/russia-ukraine-north-korea.html
[19] https://www.rand.org/pubs/commentary/2024/06/how-ukraine-can-defeat-russian-glide-bombs.html
[20] https://www.kyiv-dialogue.org/de/news/newsreader/monitor-luftkrieg-ukraine-vol-1.html?file=files/KIEV_DIALOGUE/Monitor%20Luftkrieg%20Ukraine/%E2%96%B8%20Monitor%20Luftkrieg%20Ukraine_Vol%201.pdf&cid=16776
[21] https://www.fr.de/wirtschaft/gefaehrliche-kriegstechnik-aus-deutschland-so-umgeht-putin-sanktionen-gegen-russlands-wirtschaft-zr-93542053.html
[22] https://home.treasury.gov/news/press-releases/jy2700
[23] https://expro.com.ua/statti/obmejennya-dostupu-do-nformac-na-rinku-elektroenerg-pd-chas-vyni-lmt-na-prozorst