Das ukrainische Kabinettsgesetz

Von Christine Simon, Wolfgang Tiede

Zusammenfassung
Das ukrainische Kabinettsgesetz trat am 12. Januar 2007 in Kraft und bietet seitdem Anlass für heftige politische Auseinandersetzungen. Die verschiedenen Standpunkte, die in dieser Diskussion vertreten werden, lassen sich schnell aufzeigen. So vertrat Premierministerin Julia Timoschenko – wie schon ihr Vorgänger Viktor Janukowitsch – eine befürwortende Position. Präsident Viktor Juschtschenko, der bislang schon zweimal Einspruch gegen das Gesetz erhoben hat, war hingegen stets ein Gegner. Grund für die Abneigung des Präsidenten war zum einen der hohe Machtverlust für sein Amt, der mit den Regelungen des Kabinettsgesetzes einherging und zum anderen die seiner Meinung nach fehlende Verfassungsmäßigkeit einzelner Vorschriften. Die Tatsache, dass dem Kabinett durch das Gesetz weitreichende Rechte eingeräumt werden, erklärt den Standpunkt Timoschenkos. Der Konflikt um das Kabinettsgesetz, der sich hauptsächlich zwischen diesen politischen Führungskräften abspielt, präsentiert sich dabei als nichts anderes als ein Tauziehen um politische Macht.

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Kommentar

Die semipräsidentielle Sackgasse der post-orangen Ukraine

Von Andreas Umland
Im Sommer 2009 hat die Ukraine die sich kurz bietende Möglichkeit des Übergangs zu einer parlamentarischen Republik vertan. Zwar wurde mit der Verfassungsreform von Ende 2004 das unter Präsident Leonid Kutschma etablierte superpräsidentielle System abgeschafft; und mit der Orangen Revolution wurde der Abstieg der ukrainischen defekten Demokratie hin zu einem elektoralen Autoritarismus gestoppt. Jedoch ist das im Ergebnis der Verfassungsreform am 2006 etablierte genuin semipräsidentielle Regime ebenfalls wenig geeignet, zu einer Konsolidierung der ukrainischen Demokratie beizutragen. Da dieses Problem von Teilen der ukrainischen Elite erkannt zu sein scheint, bleibt die Hoffnung, dass es zu einer weiteren Verfassungsreform und Abschaffung des jetzigen Präsidentenamtes kommt.
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Analyse

Die politische Dauerkrise und Probleme der ukrainischen Verfassungsordnung

Von Nico Lange, Anna Reismann
Die ukrainische Politik befindet sich seit langer Zeit in einer strukturellen Dauerkrise. Seit der Orangen Revolution im Winter 2004 wählten die Ukrainer drei Mal das Parlament neu. Fünf unterschiedliche Regierungen waren seitdem im Amt. Die sichtbarsten und extremsten Kulminationspunkte der permanenten Krise waren in dieser Zeit unter anderem das unerträgliche Gezerre um Kompetenzen zwischen dem Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat und der Regierung während der ersten Amtszeit Julia Timoschenkos im Jahr 2005 und ein Handgemenge zwischen Sicherheitskräften im Gebäude der Generalstaatsanwaltschaft im Jahr 2007 nach wochenlangen gegnerischen Protesten und Blockaden des Verfassungsgerichts.
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