Das Ende der Ära Juschtschenko und die Zukunft der Ukraine

Von Gerhard Simon

Zusammenfassung
Viktor Juschtschenko trat im Januar 2005 begleitet von hochgesteckten Erwartungen und Hoffnungen – zu Hause und in weiten Teilen der Welt – das Amt des Präsidenten der Ukraine an. Die Orange Revolution hatte freie Wahlen durchgesetzt und das zunehmend autoritäre Regime von Präsident Kutschma zum Aufgeben gezwungen. Juschtschenko und seine engste Mitstreiterin Julia Timoschenko versprachen für die Zukunft die Bekämpfung der Korruption, Transparenz in Politik und Wirtschaft, Wohlstand und Freiheit sowie die Integration der Ukraine in die EU und die atlantische Gemeinschaft. Die Zivilgesellschaft in der Ukraine hatte sich gegen autoritäre Machtstrukturen durchgesetzt. Das »wunderbare Jahr« 1989 schien sich 15 Jahre später in Kiew zu wiederholen. Liberale Demokratie und Rechtsstaatlichkeit überwanden die neue Grenze, die zwischen Ostmitteleuropa und den Ländern der GUS zu entstehen drohte. Die Ukraine würde – so schien es – endgültig den Weg nach Westen einschlagen.

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Kommentar

Die semipräsidentielle Sackgasse der post-orangen Ukraine

Von Andreas Umland
Im Sommer 2009 hat die Ukraine die sich kurz bietende Möglichkeit des Übergangs zu einer parlamentarischen Republik vertan. Zwar wurde mit der Verfassungsreform von Ende 2004 das unter Präsident Leonid Kutschma etablierte superpräsidentielle System abgeschafft; und mit der Orangen Revolution wurde der Abstieg der ukrainischen defekten Demokratie hin zu einem elektoralen Autoritarismus gestoppt. Jedoch ist das im Ergebnis der Verfassungsreform am 2006 etablierte genuin semipräsidentielle Regime ebenfalls wenig geeignet, zu einer Konsolidierung der ukrainischen Demokratie beizutragen. Da dieses Problem von Teilen der ukrainischen Elite erkannt zu sein scheint, bleibt die Hoffnung, dass es zu einer weiteren Verfassungsreform und Abschaffung des jetzigen Präsidentenamtes kommt.
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Analyse

Die politische Dauerkrise und Probleme der ukrainischen Verfassungsordnung

Von Nico Lange, Anna Reismann
Die ukrainische Politik befindet sich seit langer Zeit in einer strukturellen Dauerkrise. Seit der Orangen Revolution im Winter 2004 wählten die Ukrainer drei Mal das Parlament neu. Fünf unterschiedliche Regierungen waren seitdem im Amt. Die sichtbarsten und extremsten Kulminationspunkte der permanenten Krise waren in dieser Zeit unter anderem das unerträgliche Gezerre um Kompetenzen zwischen dem Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat und der Regierung während der ersten Amtszeit Julia Timoschenkos im Jahr 2005 und ein Handgemenge zwischen Sicherheitskräften im Gebäude der Generalstaatsanwaltschaft im Jahr 2007 nach wochenlangen gegnerischen Protesten und Blockaden des Verfassungsgerichts.
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