Visa-Umfrage des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft

Im April und Mai 2011 führte der Ost-Ausschuss eine Umfrage zum Thema Visa-Vergabe unter seinen Mitgliedsunternehmen und Partnerorganisationen durch, an der sich rund 200 Firmen beteiligten. Die Fragen bezogen sich sowohl auf die Visa-Vergabepraxis osteuropäischer als auch deutscher Behörden. Die beteiligten Unternehmen stellen einen repräsentativen Querschnitt der deutschen Wirtschaft dar: Je ein Drittel der Antworten entfiel auf kleine Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern, ein Drittel auf Mittelständler mit bis zu 1000 Mitarbeitern und ein weiteres Drittel auf Unternehmen mit über 1000 Mitarbeitern.

Grafik 1: Welche Probleme/Mängel beobachten Sie bei der Visa-Vergabe am häufigsten? (Mehrfachnennung möglich)

Finanzieller Aufwand und Einnahmeausfälle

Wirtschaftlich wirkt sich die Visa-Pflicht negativ aus, weil kurzfristig anberaumte Termine nicht durchführbar sind. Dies bemängelten 78 Prozent der Unternehmen. 31 Prozent klagten über Zeitverzögerungen bei oder gar über das Scheitern von Vertragsunterzeichnungen. In einem Fall spricht ein Unternehmen von einem Schaden in Millionenhöhe.

Für 39 von 200 Unternehmen (20 Prozent) gingen durch Visa-Probleme bereits Aufträge an Wettbewerber verloren.

Hinzu kommt der finanzielle Aufwand für die Beantragung von Visa, inklusive Reisen zu Ausgabestellen und Personalkosten. Dieser liegt im Durchschnitt aller Unternehmen, die hierzu Stellung nahmen, bei 33.400 Euro, wobei die Kosten für große Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern im Schnitt bei 102.000 Euro pro Jahr liegen. 127 von 200 Unternehmen hatten ihre jährlichen Kosten beziffert. Dabei kam eine Gesamtsumme von 4,24 Millionen Euro zusammen.

Grafik 2: Welche wirtschaftlichen Probleme sind Ihnen konkret entstanden? (Mehrfachnennung möglich)

Zu den wirtschaftlichen Kosten hinzuzählen muss man noch den enormen Aufwand, der in Visa-Stellen und an den Grenzen entsteht, um Visa-Anträge zu bearbeiten und zu kontrollieren. Konkrete Zahlen liegen hier nicht vor.

[…]

Bezüglich der Ukraine, die bereits im Jahr 2005 einseitig Reisevisa für EU-Bürger abgeschafft hat, ohne dass die EU diesem Schritt bislang gefolgt ist, würde eine Mehrzahl der befragten Unternehmen die sofortige Abschaffung der Visa-Pflicht (43 Prozent) oder zumindest eine Testphase für eine visafreie Einreise in die EU während der Fußball-Europameisterschaft (20 Prozent) begrüßen. 35 Prozent der Befragten sind aktuell gegen eine Abschaffung der Visa-Pflicht für ukrainische Staatsbürger.

Grafik 3: Die Ukraine hat bereits im Jahr 2005 die Visa-Pflicht für EU-Bürger einseitig abgeschafft. Sollte die EU ebenso verfahren? (Mehrfachnennung möglich)Quelle: Wege zur Visafreiheit. Positionspapier des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, 2011, http://www.ost-ausschuss.de/wege-zur-visa-freiheit

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Zweieiige Zwillinge. PiS und Fidesz: Genotyp und Phänotyp

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Die regierenden Parteien in Polen und Ungarn haben vieles gemeinsam. Beide streben einen neotraditionalistischen Umbau von Staat und Gesellschaft an. Demokratie verstehen sie als Mehrheitsherrschaft, das Mandat, das sie vom Volk an den Wahlurnen erhalten haben, soll nicht durch „checks and balances“ beschränkt werden. In der EU setzen PiS und Fidesz auf die Sicherung und den Ausbau nationalstaatlicher Hoheitsbereiche. Aufgrund außen- und europapolitischer Differenzen – insbesondere in der Sicherheits- und Russlandpolitik – ist allerdings keine nationalkonservative Achse in Ostmitteleuropa entstanden. (…)
Zum Artikel auf zeitschrift-osteuropa.de
Analyse

Ohne Visum zum Endspiel? Stand der Verhandlungen zur Visaliberalisierung zwischen der EU und der Ukraine

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