Gemeinsame Erklärung des Gipfels der Östlichen Partnerschaft (Auszug)

Die Staats- und Regierungschefs sowie die Vertreter der Republik Armenien, der Republik Aserbaidschan, Georgiens, der Republik Moldau und der Ukraine, die Vertreter der Europäischen Union und der Staats- und Regierungschefs sowie die Vertreter ihrer Mitgliedstaaten haben sich in Warschau am 29. und 30. September 2011 getroffen, um ihre Zustimmung zu den Zielen zu erneuern, und setzten die Umsetzung der Östlichen Partnerschaft fort.

Der Präsident des Europäischen Parlaments und die Vertreter des Ausschusses der Regionen, des Wirtschafts- und Sozialausschusses, der Europäischen Investitionsbank und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung waren ebenfalls auf dem Gipfel anwesend.

Der Prager Gipfel im Mai 2009 startete eine strategische und ambitionierte Östliche Partnerschaft als konkrete Dimension der Europäischen Nachbarschaftspolitik, zur weiteren Unterstützung der nachhaltigen Reformprozesse der osteuropäischen Länder mit Blick auf die Beschleunigung ihrer politischen Assoziierung und wirtschaftlichen Integration in die Europäische Union. Die in Prag vereinbarte Tagesordnung enthält die Leitprinzipien der Östlichen Partnerschaft und die Teilnehmer des Warschauer Gipfels bestätigten nochmals ihre Zustimmung, sie vollständig umzusetzen.

Der Warschauer Gipfel erkennt an, dass verstärkte Reformanstrengungen einem gemeinsamen Interesse dienen und daher im Geiste des gemeinsamen Eigentums und der gegenseitigen Rechenschaftspflicht angewendet werden müssen. Die Östliche Partnerschaft basiert auf einer Gemeinschaft der Werte und Prinzipien der Freiheit, Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit. Alle an der Östlichen Partnerschaft teilnehmenden Länder sind aufgrund der entsprechenden internationalen Übereinkünfte an diese Werte gebunden. Jeder Mitgliedstaat der Europäischen Union ist an sie außerdem aufgrund des Vertrags über die Europäische Union gebunden. Die Teilnehmer des Warschauer Gipfels erkennen die europäischen Bestrebungen und die europäische Wahl einiger Partner und deren Zustimmung an, eine tiefe und nachhaltige Demokratie aufzubauen. Sie hoben die besondere Rolle für die Östliche Partnerschaft hervor, diejenigen zu unterstützen, die sich um eine immer engere Beziehung mit der EU bemühen.

Es wurde bereits viel erreicht. Die politischen und wirtschaftlichen Reformen wurden in den Partnerländern umgesetzt und die Beziehungen zwischen der EU und ihren osteuropäischen Partnern haben sich erheblich vertieft. Es gibt mehr Handel und wirtschaftliche Interaktion zwischen der EU und ihren osteuropäischen Partnern als je zuvor. Um diesen Trend zu festigen, stehen die EU und die meisten ihrer Partner in Verhandlungen über Assoziierungsabkommen, die ebenfalls zu weitreichenden und umfassenden Freihandelszonen führen werden, sobald die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Gleichzeitig sind sie dabei, Fortschritte bezüglich mehr Mobilität auf dem ganzen Kontinent zu machen. Die Gespräche über visafreie Regimes wurden mit der Ukraine und der Republik Moldau eingeleitet. Die Visaerleichterungs- und Rückübernahmeabkommen werden mit Georgien umgesetzt und ähnliche Abkommen werden mit der Republik Armenien, der Republik Aserbaidschan und der Republik Belarus versucht abzuschließen.

Es ist Teil des Wesens der Östlichen Partnerschaft, sich mit allen Teilen der Gesellschaft über die Regierung hinaus zu beschäftigen. Der Warschauer Gipfel begrüßt die Einrichtung der parlamentarischen Versammlung Euronest sowie die gestärkte Rolle der Zivilgesellschaft durch das Civil Society Forum. Er begrüßt die Schaffung eines Business Forums der Östlichen Partnerschaft und die Konferenz der regionalen und lokalen Behörden der Östlichen Partnerschaft.

Indem sie die bisher erzielten Fortschritt anerkennen und begrüßen, betonten die Teilnehmer des Warschauer Gipfels, dass noch viel zu tun bleibt, um die Ziele der Östlichen Partnerschaft, auch durch die Anpassung der existierenden Instrumente der Zusammenarbeit, zu erreichen. In diesem Zusammenhang begrüßten sie die Veröffentlichung der Mitteilung des Hohen Vertreters und der Kommission über die Überprüfung der Europäischen Nachbarschaftspolitik. Eine stärkere Differenzierung und die gegenseitige Rechenschaftspflicht wird es einzelnen Partnern erlauben, ihren Erwartungen, Bedürfnissen und Fähigkeiten besser zu begegnen. Nach diesen Grundsätzen wird die Geschwindigkeit der Reformen die Intensität der Zusammenarbeit bestimmen und die Partner, die am meisten mit Reformen beschäftigt sind, werden mehr von ihrer Beziehung zur Europäischen Union, in Form einer engeren politischen Assoziierung, einer allmählich tieferen wirtschaftlichen Integration im EU-Binnenmarkt und einer verstärkten EU-Unterstützung, profitieren. Damit ist die Unterstützung für die Zivilgesellschaft, die soziale und wirtschaftliche Entwicklung sowie der umfassende Aufbau von Institutionen, die Stärkung der Achtung der Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit, ein größerer Marktzugang, eine verstärkte Finanzierung durch die EIB zur Unterstützung von Investitionen und eine größere Erleichterung der Mobilität in einer gut organisierten und sicheren Umgebung verbunden. Die Lösung von Konflikten, der Aufbau von Vertrauen und guten nachbarschaftlichen Beziehungen sind wesentlich für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung und die Zusammenarbeit in der Region.

Die Teilnehmer erklären, dass die Östliche Partnerschaft bedeutend gestärkt werden muss, und verpflichten sich, ihre Umsetzung zu beschleunigen, mit dem Ziel, einen gemeinsamen Raum für Demokratie, Wohlstand, Stabilität sowie erhöhte Interaktionen und Austausch aufzubauen. Sie erklären ebenfalls, dass die Leistungen und der Fortschritt der Östlichen Partnerschaft direkte und klar wahrnehmbare Vorteile für die Bürger der Partnerländer bringen müssen. Außerdem verpflichten sie sich, ihre Anstrengungen zu steigern, um die Östliche Partnerschaft für alle sichtbar zu machen.

Quelle: http://pl2011.eu/de/content/gemeinsame-erklaerung-des-gipfels-der-oestlichen-partnerschaft

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