Mitte des 20. Jahrhunderts hatte die sowjetische Kollektivierung in Zentralasien zahlreichen Frauen den Zugang zu einfachen, aber bis dahin unerreichbaren Lohnarbeitsverhältnissen in der Landwirtschaft verschafft. Gegenüber dieser relativen Gleichberechtigung entfaltete der Transformationsprozess der 1990er Jahre eine eher diskriminierende Wirkung. Nach der Unabhängigkeit der zentralasiatischen Länder waren insbesondere die Beschäftigungsmöglichkeiten von Frauen unverhältnismäßig von den im Laufe dieses Prozesses entstandenen sozioökonomischen und kulturellen Veränderungen betroffen. Die Transformation schwächte die sozialen Sicherungssysteme, wie zum Beispiel die öffentlich finanzierte Kinderbetreuung, und schränkte die außerhäuslichen Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen stark ein. Staatseigentum wurde zu Gunsten der männlichen Bevölkerung verteilt und beschränkte somit die Möglichkeiten der Frauen, Einkommen aus unternehmerischer Selbstständigkeit zu erzielen.
Zu Zeiten der Sowjetunion wurden die meisten zentralasiatischen Länder als agrarisch geprägte Volkswirtschaften klassifiziert. Ein Großteil der Reformen in der Transformationsphase wurde im Agrarsektor durchgeführt. Die sowjetischen staatlichen und genossenschaftlichen Landwirtschaftsbetriebe in Tadschikistan und Usbekistan wurden formal in private Bauernwirtschaften überführt. Das Land blieb jedoch Eigentum des Staates, der den neuen landwirtschaftlichen Betrieben wiederum langfristige Landnutzungsrechte einräumte. Die Reformen in der Landwirtschaft haben auch die Produktionsprozesse und die Arbeitsorganisation verändert, etwa die Vergabe von Produktionsverträgen im strategischen Bereich des Baumwollanbaus, die Diversifizierung der Fruchtfolgen und die Intensivierung des Anbaus von Zwischenfrüchten zwischen Weizen und Baumwolle. Diese Veränderungsprozesse betrafen die weibliche und männliche Landbevölkerung ungleichmäßig. In Tadschikistan trauten die Landverteilungskomitees weiblichen Berechtigten oftmals nicht zu, einen landwirtschaftlichen Betrieb selbständig zu verwalten. In Usbekistan waren Erfahrung in der Landwirtschaft oder in Betriebsführung Voraussetzung, um Landnutzungsrechte zu erhalten.
Instabilität und wirtschaftlicher Strukturwandel führten zum Zusammenbruch vieler traditioneller Märkte und einer enormen Binnenwanderung aus den ländlichen Gebieten in die Städte, aber auch zur Arbeitsmigration in andere Länder wie Russland oder Kasachstan. Diese Wanderungsbewegungen sind ein überwiegend männliches Phänomen. Ziel dieses Beitrages ist es, die geschlechtsspezifischen Dimensionen der landwirtschaftlichen Arbeit in Tadschikistan und Usbekistan darzustellen sowie die Veränderungen innerhalb der Geschlechterverteilung von Berufen zu erläutern, die als Reaktion auf die weitverbreitete Migration von Männern aufgetreten sind.
Der vorliegende Beitrag beruht auf Sekundärdaten (offiziellen statistischen Daten aus Tadschikistan und Usbekistan) sowie Primärdaten aus Fallstudien, die von der Autorin in acht Dörfern der Gebiete Fergana und Syrdarja in Usbekistan und dem Gebiet Sogd in Tadschikistan durchgeführt wurden. Die qualitative Vorgehensweise dieser Studie verwendet Daten, die im Rahmen von Feldaufenthalten im Zeitraum 2013–2014 gesammelt wurden. Insgesamt wurden 120 Interviews und 10 Fokusgruppendiskussionen mit Agrarbetriebsleitern und den dazu gehörenden landwirtschaftlichen Arbeitskräften durchgeführt.
Migration und die geschlechtsspezifischen Dimensionen der landwirtschaftlichen Arbeit
Im Durchschnitt belaufen sich die Rücküberweisungen tadschikischer Arbeitsmigranten auf nur 10 bis 12 % der gesamten Haushaltseinkommen. Darüber hinaus bietet das heutige Sozialsystem in Tadschikistan keine mit denen des sozialistischen Systems vergleichbaren Leistungen. Vor diesem Hintergrund bleibt den Frauen oftmals nichts anderes übrig, als schlecht bezahlte landwirtschaftliche Tätigkeiten anzunehmen. Laut offiziellen tadschikischen Statistiken lag das durchschnittliche Lohnarbeitseinkommen im Agrarsektor im Jahr 2015 bei rund 40 US-Dollar pro Monat. Deshalb ist meistens die Kombination mehrerer Einkommensquellen erforderlich, um das Mindesteinkommen zur Deckung des täglichen Bedarfs ländlicher Haushalte zu sichern. Eine dieser Quellen sind Küchengärten, die in Haushalten mit weiblichem Haushaltsvorstand und männlichen Arbeitsmigranten erheblich an Bedeutung gewonnen und zur allgemeinen Ernährungssicherheit in ländlichen Gemeinden beigetragen haben. Die Abwanderung männlicher Arbeitskräfte machte Frauen zu den hauptsächlichen Nutzerinnen und Verwalterinnen der Küchengärten.
Die Geschlechterrollen unterliegen verschiedenen Einflüssen. Islamische Bräuche, die in den zentralasiatischen Traditionen verwoben sind, verleihen ausschließlich Männern Autorität und Macht, doch die Verfassung sichert gleiche Rechte für Männer und Frauen. Gemäß traditionellen Familienvorstellungen werden Frauen als Fürsorgerinnen der Familie betrachtet, während Männer Ernährer und Beschützer ihrer Ehefrauen, Mütter und Töchter sind. Die sowjetische Kollektivierung integrierte Frauen in den landwirtschaftlichen Arbeitsprozess, allerdings oftmals auf gering bezahlten Positionen. Die Geschlechtertrennung unter den Beschäftigten änderte sich während der Sowjetzeit im Anschluss an die Kollektivierung kaum mehr. Die derzeitigen Auswirkungen der Arbeitsmigration auf Männer, Frauen und ländliche Haushalte haben jedoch zu einer Verlagerung und dem teilweisen Ersatz der männlichen Arbeitskräfte in der Landwirtschaft durch weibliche Entscheidungsträgerinnen geführt. Heute liegt der Frauenanteil in der Landwirtschaft bei schätzungsweise 60 %. Das Phänomen der Feminisierung wird zunehmend deutlich: Nicht nur steigt die Anzahl von Frauen in landwirtschaftlichen Tätigkeiten (was oft in den amtlichen Statistiken nicht erfasst wird), sondern Frauen sind zudem zunehmend bereit, in ein traditionell männliches Berufsfeld einzusteigen. Einerseits sehen sie den offenkundigen Mangel an Personen, die diese bisher männlich geprägten Tätigkeiten ausüben können. Andererseits sind sie aber auch willens, die gebotenen Möglichkeiten zu ergreifen. Die Abwanderung von männlichen Arbeitskräften hat dazu geführt, dass tadschikische und usbekische Frauen die Positionen der ausgewanderten Männer übernommen und somit die Lücke in diesem Sektor gefüllt haben. Dadurch wurde die weibliche Arbeitskraft aus ihrem konventionellen, kulturellen Rahmen verdrängt, und die berufliche Trennung in der Landwirtschaft verringert.
Die Agrarreformen nach der Unabhängigkeit schufen nicht nur neue Arten von landwirtschaftlichen Betrieben, sondern führten auch zu neuartigen Vertragsverhältnissen zwischen den Nachfolgeorganisationen der früheren Kollektive, privaten landwirtschaftlichen Betrieben und anderen landwirtschaftlichen Akteuren. Im Zuge dieser Umstrukturierung vergrößerte sich das Ungleichgewicht zwischen den überwiegend männlichen Betriebsleitern und den meist weiblichen Arbeitskräften. Einerseits erlangten aus den oben geschilderten Gründen vor allem Männer die Kontrolle über die umstrukturierten Agrarbetriebe, andererseits verließen viele männliche Arbeitsmigranten die ländlichen Räume. Damit verbesserten sich die Wahlmöglichkeiten der verbliebenen Männer, die nun die besser bezahlten Jobs unter sich aufteilen. Die Betriebsleiter müssen daher zunehmend auf weibliche Arbeitskräfte zurückgreifen, denen sie jedoch oft nur informelle Beschäftigungsvereinbarungen anbieten. Gründe hierfür liegen in den Steuerbelastungen, denen die Arbeitgeber durch Informalität entgehen möchten, Marktinstabilitäten, auf die die Betriebsleiter mit Hilfe von informellen Beschäftigungen flexibel reagieren möchten, sowie vermutlich in den bestehenden Geschlechternormen, die Frauen in niedrige Gehaltsgruppen drängen. Gleichzeitig sind landwirtschaftliche Vollzeittätigkeiten für Frauen nur begrenzt verfügbar und die Tageslohnsätze sind in der Regel niedriger als für Männer. Die meisten dieser Beschäftigungsverhältnisse bieten daher nur unzuverlässige Einkommen, Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten. Sie drängen Frauen häufig in den informellen Arbeitsmarkt, wo sie nicht als offizielle Arbeitnehmer registriert sind und keinen Anspruch auf soziale Unterstützung oder Rentenversicherung haben.
Migration reduziert allgemein das inländische Arbeitsangebot und löst damit Erwartungen an erhöhte Löhne auf dem lokalen Arbeitsmarkt aus. In dieser Situation entscheiden sich viele männliche Arbeitslose gegen eine formale landwirtschaftliche Beschäftigung, da die gestiegenen außerlandwirtschaftlichen Löhne den Agrarsektor noch weniger prestigeträchtig als zuvor erscheinen lassen. Wie oben geschildert, führt dies zu mehr informellen Arbeitsbeziehungen bei Frauen. Die meisten informellen Tätigkeiten bestehen aus Arbeit in den Küchengärten und saisonaler landwirtschaftlicher Beschäftigung, die in den nationalen Arbeitsgesetzen von Tadschikistan und Usbekistan nicht gesondert definiert sind, so dass die Arbeitsbeziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern nicht geregelt sind. Beschäftigungs- und Kündigungsbedingungen, Überstundenzuschläge und Krankenversicherungen bleiben unberücksichtigt. Nichtsdestoweniger ist diese Informalität der Tätigkeiten von entscheidender Bedeutung für Frauen in ländlichen Gebieten, da sie eine flexible Zeitplanung und Einkommensmöglichkeit bieten und gleichzeitig auch die Erfüllung anderer familiärer Verpflichtungen ermöglichen.
Die Herausforderung an männlich geprägte Berufsfelder
Die Vielfalt der feminisierten Vertragsbeziehungen zu erkennen hilft dabei, die Strategien zur Lebenssicherung zu verstehen, die von Frauen innerhalb der landwirtschaftlichen Produktion verfolgt werden. Feminisierung geht dabei über unmittelbar landwirtschaftliche Tätigkeiten hinaus. Sie tritt gleichzeitig auf vielfältigen räumlichen und sozialen Ebenen auf und wirkt sich auf unterschiedliche Glieder der Wertschöpfungskette für verschiedene landwirtschaftliche Vorleistungen aus, wie z. B. in der Wasserbewirtschaftung und anderen außerlandwirtschaftlichen Tätigkeiten, die Frauen nicht mehr nur als unqualifizierte Landarbeiterinnen erscheinen lassen.
Zum Beispiel sind Frauen im ländlichen Usbekistan inzwischen zunehmend bei praktischen Bewässerungsaufgaben und der Wasserverwaltung innerhalb der Dorfgrenzen tätig. Oft werden die neuen Rollen der Frauen nach Altersgruppen definiert. Während junge Frauen (kelins) die Bewässerungsaufgaben übernehmen, also Kanäle vorbereiten und Schleusen öffnen, führen ältere Frauen Verhandlungen mit höheren Dienststellen in der Wasserbewirtschaftung. Die dort Verantwortlichen sind überwiegend Männer, darunter kommunale Wassermeister, die die Menge und Reihenfolge der Wasserzuteilung an Haushalte und Agrarbetriebe bestimmen, Mitarbeiter der regionalen Wassernutzerverbände (WNV) oder anderer lokaler Behörden.
Die zunehmende Bedeutung von Frauen als Wasserverbraucher stellt traditionelle, bewässerungsspezifische Geschlechterrollen sowie Dorfgewohnheiten in Frage. Bis jetzt wurden diese neuen Rollen weder im Dorf noch in den neu gegründeten WNV institutionalisiert. Daher arbeiten weibliche Bewässerer außerhalb des neuen institutionellen Rahmens wie auch des traditionellen Umfelds. Mit zwiespältigem Ergebnis: Frauen werden von Entscheidungsprozessen ausgeschlossen, aber dieser Ausschluss versetzt sie in die Lage, die vorhandenen Regeln zum eigenen Vorteil zu manipulieren.
Eine ähnliche Situation findet sich in Tadschikistan, wo Frauen neben anderen bisher männerdominierten Tätigkeiten, wie etwa im Baugewerbe, auch Aufgaben in Bewässerungsdiensten übernommen haben. Unter anderem arbeiten Frauen als kommunale Wassermeisterinnen oder als landwirtschaftliche Bewässerungsverwalterinnen, die die Wasserzuteilung innerhalb der Agrarbetriebe steuern. Die zur Verfügung stehende Wassermenge für ländliche Haushalte ist aufgrund der allgemeinen Wasserknappheit während der Hauptbewässerungssaison und der Bevorzugung der Baumwollpflanzungen durch die landwirtschaftlichen Großbetriebe sehr begrenzt. Daher ist der Wettbewerb um die Ressource Wasser in den Dörfern hoch. Der steigende Anteil von Frauen unter den Wassernutzern in den Dörfern erschwert die Aufgaben der männlichen Wassermeister, wie z. B. die Zuteilung der Wasserrationen. Der Grund dafür liegt in der traditionellen und religiösen Distanzierung der Frauen von nichtverwandten Männern, die es letzteren verbietet, mit Frauen geschäftlich zu verkehren. Ein Mann darf niemals ein Haus betreten, in dem sich nur Frauen aufhalten, und ein Mädchen darf niemals mit einem Jungen allein gelassen werden. Bei großen gesellschaftlichen Zusammenkünften bleiben Männer und Frauen oft getrennt. Dass Frauen jetzt in Dorfgemeinschaften als Wassermeister arbeiten, zwingt Dienstleister wie Wasserversorger in ländlichen Siedlungen dazu, weibliche Arbeitskräfte einzusetzen, um mit dem heute überwiegend weiblichen Kundenstamm zu verkehren. Die Verlagerung auf weibliche Beschäftigte in der Landwirtschaft und der Wasserverwaltung kann also auf bestehende kulturelle Strukturen zurückgeführt werden und auf einen Mangel an Männern, die bereit sind, schlecht bezahlte Arbeit anzunehmen. Es ist wahrscheinlich, dass diese Verlagerung nicht nur auf diese Sektoren beschränkt bleiben wird. Aufgrund der genannten Umstände werden künftig wohl in erster Linie Frauen die von den Haushalten direkt erhobenen Barzahlungen für andere Versorgungsgüter sowie Steuerzahlungen einziehen. Andere Verantwortungsbereiche, wie z. B. die Selbstverwaltungsgremien der Mahalla-Nachbarschaftsorganisationen oder die örtliche Polizei, werden wahrscheinlich ebenfalls eine Form der Feminisierung erfahren, genauso wie einige Handwerksbetriebe, da nur weibliche Handwerker das Haus betreten dürfen, sofern keine männlichen Familienmitglieder zugegen sind.
Aufgrund der Landfragmentierung und des dringenden Bedarfs, innerhalb eines bestimmten Zeitraums mit knappen Wasserressourcen zu bewässern, stellen die Landwirte Spezialisten ein – in diesem Fall neu ausgebildete weibliche Wassermeister. Obwohl Frauen die Bewässerung immer noch als Männerberuf betrachten, erkennen sie die Bedeutung der Beteiligung von Frauen an der landwirtschaftlichen Bewässerung an. Eine weibliche Wassermeisterin erklärte, wie sie Kenntnisse in der Wasserbewirtschaftung erlernte: »Ich habe als Leiterin einer Brigade in der Kolchose gearbeitet [während der Sowjetzeit]. Wir hatten einen pensionierten Wassermeister und er fragte mich eines Tages: ›Wie lange wirst du noch darauf warten, dass die Männer die Bewässerung durchführen?‹ Er erklärte mir alles und brachte mir die Fähigkeiten bei, Wassermeisterin zu werden. Ich denke, ich habe zwei bis drei Wochen benötigt, um die Aufgaben eines Wassermeisters zu erlernen, und der Rest ist langjährige Erfahrung auf dem Feld.« Heute gibt es nur noch wenige erfahrene männliche Wassermeister. Aufgrund des Mangels an jüngeren Männern lernen Frauen den Wassermeisterberuf. Dieser Lernprozess ist jedoch nur am Arbeitsplatz möglich. Die weibliche Wassermeisterin fuhr fort: »Jetzt [Ende November] sind einige Männer noch für landwirtschaftliche Tätigkeiten verfügbar, aber auf dem Höhepunkt der landwirtschaftlichen Saison, wenn wir die Männer brauchen, werden die meisten von ihnen abwandern. Deshalb müssen Frauen auch die Bewässerungsdienste leisten. Einige ältere Wassermeister bleiben vielleicht und sie müssen mit den Frauen zusammenarbeiten, um die Bewässerung durchzuführen.«
Frauen, die als Wassermeisterinnen in Kolchosen oder in privaten, von Männern dominierten Agrarbetrieben arbeiten, verantworten und sind beteiligt an Entscheidungen über Bewässerungsmethoden, an der Festlegung von Wassermengen sowie an Verhandlungen mit anderen Wassernutzern. Einige der sowjetisch geprägten Institutionen sowie neu gegründete private landwirtschaftliche Betriebe im Agrarsektor haben sich bereits an die Feminisierung ländlicher Gesellschaften angepasst, indem sie weibliche Fachkräfte in verschiedenen Sektoren eingestellt haben. Wahrscheinlich hat das Fehlen männlicher Fachkräfte zunächst einen Einstellungswandel gegenüber weiblichen Fachkräften ausgelöst. Darüber hinaus hat das auf der Qualität der Dienstleistungen dieser ersten weiblichen Fachkräfte beruhende Vertrauen vermutlich zu einer größeren Akzeptanz der Frauen bei männlichen Landwirten geführt und so einen Anstieg weiblicher Auszubildender in diesem Bereich ausgelöst. Während die Aufgabe des Wassermeisters ursprünglich eine männliche Aufgabe war, zeigt die Fallstudie, dass in diesem Bereich eine Feminisierung stattgefunden hat und heute eine weibliche Wassermeisterin für Männer und Frauen gleichermaßen akzeptabel geworden ist.
Fazit
Strukturreformen im Agrarsektor Tadschikistans und Usbekistans sowie der anhaltende Wandel der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung haben die sozialen Rollen und Entscheidungsbefugnisse ländlicher Männer und Frauen beeinflusst. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem Beginn der Transformationsphase sind neuartige Beschäftigungsverhältnisse aus einer Mischung historisch-geschlechtsspezifischer Vermächtnisse (kulturelle, religiöse und politische Elemente), sozioökonomischer und rechtlicher Transformationen sowie Veränderungen am Arbeitsmarkt hervorgegangen. Die wirtschaftliche Transformation, Agrarreformen, die Abwanderung von Männern und die anschließende Zunahme der Erwerbstätigkeit von Frauen führten zu Veränderungen der Geschlechternormen und der vertraglichen Beziehungen.
In Transformationsländern wie Tadschikistan und Usbekistan unterliegen zwar die von Frauen erbrachten Arbeitsleistungen nach wie vor geringem Arbeitsschutz, niedrigeren Einkommen und weniger Beschäftigungssicherheit. Doch ist eine verstärkte Erwerbsbeteiligung der Frauen ein Zeichen dafür, dass sie Zugang zu einem breiteren Spektrum von Arbeitsmöglichkeiten erhalten sowie verstärkt an wirtschaftlichen und sozialen Ereignissen teilhaben und über größere Entscheidungsbefugnisse verfügen. Die vielfältigen Leistungen der Frauen bestärkten das Vertrauen der männlichen Arbeitgeber in die wechselseitige Zusammenarbeit und verstetigten die oft informellen Arbeitsverhältnisse. Der Bruch mit der von Männern dominierten Gesellschaft und den patriarchalischen Werten in unseren Fallstudien entstand aus wirtschaftlichen Veränderungen und der Entwicklung des sozialen Umfelds, wie z. B. der männlichen Arbeitsmigration und der damit einhergehenden Zunahme des Frauenanteils in ländlichen Gebieten. Die Feminisierung der Landwirtschaft hat zu einer Veränderung des Sozialverhaltens und der kulturellen Normen geführt, aber es ist noch nicht ausgemacht, ob sich diese Veränderungen im Laufe der Zeit als vorteilhaft und nachhaltig erweisen werden. Männliche Arbeitsmigration führt zu erhöhten Autonomie- und Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen, kann jedoch auch entgegengesetzte Folgen haben, denn es besteht die Gefahr, dass der anhaltend informelle Charakter der landwirtschaftlichen Beschäftigung von Frauen den sozialen Status weiblicher Arbeitnehmer herabsetzt, indem er sie beispielsweise von vorteilhaften Arbeitszeitregelungen, Arbeitgeberbeiträgen zu Gesundheits- und Rentensystemen oder Karrieremöglichkeiten ausschließt.
Aus dem Englischen von Hayley Moore