Was sagt die Präsidentschaftswahl in Usbekistan über die Zukunft des Landes aus?

Von Temur Umarov (Carnegie Moscow Center)

Am 24. Oktober hat die Präsidentschaftswahl in Usbekistan stattgefunden, bei der das amtierende Staatsoberhaupt für eine zweite Amtszeit wiedergewählt wurde. Das Resultat war für niemanden eine Überraschung: Trotz der umfangreichen Reformen weist die aktuelle politische Arena Usbekistans weiterhin keine richtige Opposition auf. Umso wichtiger ist es den Blick nicht zu sehr auf den Wahlprozess und dessen Ergebnisse zu richten, sondern auf das, was das politische System Usbekistans in den kommenden fünf Jahren erwartet.

Dank der in praktisch allen Bereichen vorgenommenen Reformen während der ersten Amtszeit von Präsident Mirsijojew genießt dieser breiten Rückhalt in der usbekischen Gesellschaft. Heute sind nur wenige gegen eine zweite und ohnehin verfassungsmäßige Amtszeit Mirsijojews. Allerdings sind die Ansprüche der Gesellschaft an die Staatsmacht seitdem auch gestiegen, zumal die Bevölkerung nun eine Vergleichsgrundlage hat. Daher stellt seine verhältnismäßig leichte Wiederwahl Mirsijojew gleichsam vor bedeutend größere Probleme: Wie kann die jetzige Popularität bis zum Ende der zweiten Amtszeit beibehalten werden, gerade im Hinblick auf den bevorstehenden Machttransit 2026?

Das Problem des Machttransits ist eine wichtige, wenn auch noch nicht dringende Frage. Bereits bei seinem Amtsantritt (https://president.uz/oz/lists/view/4743) am 6. November hat Schawkat Mirsijojew eine bevorstehende Reform der staatlichen Verfassung angedeutet – eine klassische Methode, mit der die Oberhäupter autoritärer Staaten ihre bisherigen Amtsperioden »annullieren« und somit ihre Amtszeit verlängern. Außerdem wurde die Verfassung für den Fall der Fälle bereits 2019 still und heimlich umgeschrieben (https://www.gazeta.uz/ru/2021/01/06/constitution/), sodass der Wahlausgang gegebenenfalls auch so interpretiert werden könnte, dass Mirsijojew nun seine erste Amtszeit seit der neuen Verfassung antritt.

Es bleiben offene Fragen: Bleibt Mirsijojew auf seinem bisherigen Reformkurs oder wird er in Zukunft doch verstärkt »die Schrauben anziehen«? Es ist davon auszugehen, dass der Reformprozess weitergehen wird, die praktische Umsetzung ebenjener Reformen wird sich jedoch zunehmend schwierig gestalten. In seiner ersten Amtszeit vermochte Mirsijojew es, die meisten lästigen Verbote aus der Ära Islam Karimows mühelos aufzuheben und die Interaktion zwischen Bürgern und Staatsmacht zu vereinfachen. In seiner zweiten Amtszeit wird er sich jedoch mit weitreicherenden, und daher riskanteren, Änderungen auseinandersetzen müssen. Beispielsweise wird die Umsetzung von Reformen, welche die staatliche Transparenz erhöhen oder die öffentliche Kontrolle erleichtern, eher schwierig, da sie in unvermeidbarem Widerspruch zu den Interessen vieler Gruppen innerhalb der usbekischen Elite stehen.

Die Art und Weise, wie Mirsijojew die Interessenkonflikte mit anderen einflussreichen Akteuren handhaben und wie elegant er den Machttransit (wahrscheinlich von und an sich selbst) gestalten wird, wird die Stabilität des politischen Regimes Usbekistans für die nächsten fünf Jahre bestimmen.

Aus dem Russischen von Richard Schmidt

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