Im Griff des Drachen? Usbekistans technologische Abhängigkeit von China als strategische Herausforderung für den grünen Wandel

Von Hamza Boltaev, Alexander Schrier (beide University of World Economy and Diplomacy (UWED), Taschkent)

Zusammenfassung
Die usbekische Regierung strebt bis 2050 vollständige Klimaneutralität an und setzt dafür aktuell eine Reihe von ehrgeizigen Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien um. Während Taschkent für geplante Solar- und Windkraftprojekte eine Vielzahl internationaler Investoren gewinnen konnte, stammen die technologischen Komponenten zur Umsetzung der Projekte überwiegend aus China. Im Bereich der Elektrofahrzeuge genießt China schon heute fast eine Monopolstellung im Land. Der Beitrag beleuchtet die strategischen Implikationen der technologischen Abhängigkeit von China für den grünen Wandel in Usbekistan. Eine weitere Vertiefung dieser Abhängigkeit könnte die wirtschaftliche Autonomie des Landes gefährden und den Erfolg der Transformation des Energiesektors übermäßig an externe Akteure und Faktoren koppeln.

Einleitung

In ihrem Artikel »New Conceptual Approaches in Understanding the ‘Green’ State Model: Central Asian Case« argumentieren die Autoren Botirjon Muhammadibrohimov und Gulnora Raimova, dass »eine grüne Wirtschaft Usbekistan vielfältige Vorteile bringen kann, etwa eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, eine Diversifizierung der Energiequellen, eine Verbesserung der Umweltqualität und nicht zuletzt eine ausbalancierte und inklusive Entwicklung« (Muhammadibrohimov, Raimova 2024, S. 132). Der vorliegende Beitrag argumentiert, dass mit Hinsicht auf den letzten Punkt tatsächlich das Gegenteil zutreffen kann und Usbekistan aktuell Gefahr läuft, im Kontext des grünen Wandels in eine einseitige technologische Abhängigkeit von China zu geraten. Vor dem Hintergrund der von der Regierung erklärten Ziele, bis 2030 jährlich 30 Gigawatt Strom aus erneuerbaren Energien zu erzeugen und bis 2050 vollständige Klimaneutralität zu erreichen,[1] befindet sich Usbekistan in einer rasanten Transformation seiner wirtschaftlichen Basis, um die CO2-Emissionen in den nächsten 25 Jahren auf null zu senken. Die dafür benötigten Technologien müssen aktuell teuer importiert werden, wobei die Volksrepublik China, als neuer Weltmarktführer im Bereich der grünen Technologien, schon jetzt der wichtigste Beschaffungsmarkt für die technologischen Mittel des grünen Wandels in Usbekistan ist.

Am 25. Januar 2022 erlebten Millionen Menschen in Usbekistan, Kasachstan und Kirgistan einen umfassenden Stromausfall, nachdem eine für das gemeinsame Netz wichtige Hauptstromleitung in Kasachstan unterbrochen wurde.[2] Für Usbekistan war dies ein weiterer Weckruf für die Notwendigkeit zum Aufbau einer modernen und von Drittstaaten unabhängigen Energieinfrastruktur. Ein usbekischer Regierungsvertreter, der anonym bleiben möchte, betonte im Gespräch mit den Autoren die Bedeutung der Energiesouveränität für die Frage der nationalen Sicherheit. Laut dem Beamten entwickelt die usbekische Regierung aktuell eine nationale Strategie, um die Energiesicherheit zukünftig zu gewährleisten. Die Strategie soll demnach folgende Maßnahmen umfassen: die Diversifizierung von Energieträgern zur Verringerung der weiterhin starken Abhängigkeit von Erdgas; eine Verbesserung der Energieeffizienz, u. a. durch die Modernisierung von Übertragungsleitungen; den Aufbau einer Reserve von fossilen Energieträgern; mehr Investitionen in die Forschung zu und Entwicklung von grünen Energietechnologien; eine Stärkung der regionalen und internationalen Zusammenarbeit in Energiefragen; sowie die Förderung der multilateralen und synergetischen Energieintegration in Zentralasien. Diese Äußerungen unterstreichen, dass die Frage der nationalen Energiesouveränität für die usbekische Regierung von hoher Priorität ist und dabei gleichzeitig im gesamtregionalen Kontext gedacht wird.

Neben den entsprechenden Technologien werden für den grünen Wandel umfangreiche Investitionen benötigt. Die usbekische Regierung versucht vor allem Akteure, die eigene wirtschaftliche Interessen in Zentralasien verfolgen, als Investoren zu gewinnen, u. a. die Europäische Union, Katar, Saudi-Arabien, Südkorea und China. Dabei ist Saudi-Arabien mittlerweile der wichtigste Investor im usbekischen Energiesektor. U. a. stellt Riad vier Milliarden US-Dollar für die Entwicklung von urbaner Infrastruktur und den Bau eines Datenzentrums für grüne Technologien bereit. Für den Bau eines Windenergieparks und die Modernisierung von Systemen der Wärmeversorgung werden weitere 6,2 Milliarden bzw. 750 Millionen US-Dollar bereitgestellt.[3] Daneben ist Deutschland ein wichtiger Investor, der zuletzt rund fünf Milliarden Euro für über 60 Projekte in den Bereichen grüne Energie, Transportinfrastruktur, Wasserversorgung, Landwirtschaft sowie industrielle Entwicklung bereitgestellt hat.[4]

Während Usbekistan erfolgreich die eigenen Investitionsquellen zur Förderung des grünen Wandels diversifiziert, stammt der Großteil der Technologien zur Umsetzung dieser Projekte aus China. Drei Bereiche, in denen sich bereits jetzt eine starke technologische Abhängigkeit von China abzeichnet, sind die Solarstromerzeugung, die Stromgewinnung aus Windenergie und New Energy Vehicle. Im Folgenden wird die usbekische Abhängigkeit von chinesischen Technologien in diesen drei Bereichen aufgezeigt und die damit verbundenen Implikationen für die angestrebte Energiesicherheit Usbekistans beleuchtet. Zum Schluss werden zwei mögliche Szenarien skizziert, die sich aus den beiden Optionen ergeben, den Status Quo der technologischen Abhängigkeit von China beizubehalten, oder den Bezug grüner Technologien aus China zu begrenzen.

Chinas technologische Dominanz in drei zentralen Sektoren des grünen Wandels

In Usbekistan gibt es drei für den grünen Wandel zentrale Sektoren: Solarstrom, Windenergie und New Energy Vehicle. Die drei Sektoren sind exemplarisch für die aktuelle Herausforderung, genügend Kapital und Technologien zu akquirieren, um geplante Projekte umsetzen zu können, und gleichzeitig deren Bezugsquellen zu diversifizieren, um einseitige Abhängigkeiten zu vermeiden. Die ersten beiden Sektoren folgen dem Muster, dass die Regierung zwar verschiedene Investoren gewinnen konnte, die technologischen Komponenten jedoch fast ausschließlich aus China stammen. Der Sektor der New Energy Vehicle wird hingegen vollständig von China dominiert, da hierfür sowohl die Investitionen, als auch die technologischen Komponenten für Elektrofahrzeuge der neuesten Generation fast ausschließlich aus der Volksrepublik stammen.

Solarstrom

Im Rahmen der aktuellen Transformationsziele räumt die usbekische Regierung dem Ausbau von Solarkraft hohe strategische Priorität ein. 2019 ist Usbekistan dem »Scaling Solar«-Programm der Weltbank beigetreten, das u. a. die umfangreiche Mobilisierung von Kapital für die Schaffung nachhaltiger Solarstrommärkte in den teilnehmenden Ländern zum Ziel hat.[5] 2021 wurde das Nur-Navoi-Solarprojekt im Gebiet Nawoi mit einer Leistung von 100 Megawatt (MW) abgeschlossen, das Strom für 31.000 Haushalte liefern und jährlich Emissionen von 150.000 Tonnen CO2 einsparen soll.[6] Ein weiteres großes Vorhaben, das sich derzeit im Bau befindet, ist »Scaling Solar 2«, das nach Fertigstellung mit zwei 220-MW-Parks die Regionen Dschissach und Samarkand mit Strom versorgen soll. Die Solarprojekte in Nawoi und Dschissach werden gemeinsam von der Weltbank und dem emiratischen Energieunternehmen Masdar finanziert.[7]

Bei genauerer Betrachtung der Projekte stellt sich heraus, dass der Hauptzulieferer der genutzten Solarmodule seine Komponenten aus China bezieht. Für das Projekt in Nawoi kann die Lieferung der für den Bau der Anlage genutzten Komponenten von der Verladung auf die Schiene in Xi’an in China, über den Transit durch Kasachstan, bis zur Ankunft in Usbekistan nachvollzogen werden.[8] Für das Projekt in Dschissach hat der chinesische Hersteller Trina Solar Solartracker geliefert, mit denen sich die Solarmodule automatisch nach dem Stand der Sonne ausrichten.[9] Während es sich bei den Vorhaben also um multilaterale Projekte mit der Beteiligung zahlreicher Akteure handelt, stammt die genutzte Technologie für die Module überwiegend aus China.

China kontrolliert aktuell 80 Prozent der globalen Lieferketten für Solarmodule.[10] Für Usbekistan stellt sich damit die wichtige Frage, wie sich das Land vor einer übermäßigen Abhängigkeit von einem einzigen Hauptanbieter für Solarmodule schützen kann. Zwar steht der Rest der Welt vor dem gleichen Problem, doch strebt Usbekistans Außenpolitik traditionell nach einer multivektoralen Balance zwischen den Einflüssen externer Großmächte – sei es in Fragen der Sicherheit, Wirtschaft oder Technologie. Der aktuelle Entwicklungsverlauf der usbekischen Solarindustrie läuft dieser Außenpolitik klar zuwider. Dabei vertieft sich die einseitige technologische Abhängigkeit von China weiter, je mehr Solarkraftanlagen Usbekistan baut.

Windkraft

Im Dezember 2023 wurde im Gebiet Nawoi der erste Windpark Usbekistans in Betrieb genommen.[11] Die Anlage mit einer vorläufigen Kapazität zur Stromerzeugung von 100 MW soll 155.000 Haushalte mit Strom versorgen. Die Kapazität soll zukünftig 500 MW erreichen. Bereits bis Ende 2025 soll die Kapazität der Anlage um weitere 200 MW gesteigert werden. Während Masdar das Projekt finanziert, stellt das chinesische Unternehmen Goldwind die Technologie bereit und ist auch für die Installation der Turbinen verantwortlich, wobei 2023 bereits 34 Windturbinen errichtet wurden und weitere 111 geplant sind.

Eine andere geplante Windkraftanlage in der Nähe der Stadt Nukus (Republik Karakalpakstan) soll jährlich 200 MW Strom für 120.000 Haushalte erzeugen. Das Projekt wird von der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) finanziert, einer Tochter der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Auch haben die DEG und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) der saudischen ACWA Power insgesamt 90 Mio. US-Dollar für ein Pilotprojekt zur Herstellung von grünem Wasserstoff in Usbekistan bereitgestellt.[12] Die Anlage soll neben einem Elektrolyseur aus einer Windkraftanlage mit einer Kapazität von 52 MW bestehen. Zwei weitere Windkraftparks mit einer jeweiligen Kapazität von 500 MW sollen Ende 2024 in Buchara in Betrieb gehen.[13]

Usbekische Regierungsvertreter gaben im Gespräch mit den Autoren an, dass die Technologie zur Umsetzung von Windkraftprojekten fast ausschließlich aus China stammt. Zum einen sind chinesische Windturbinen rund 20 Prozent günstiger als vergleichbare Modelle aus der Europäischen Union oder den Vereinigten Staaten.[14] Auch stellt China Windturbinen her, die besser für die geographischen Bedingungen im Land geeignet sind; während China den Entwicklungsschwerpunkt auf Onshore-Anlagen legt, verschieben westliche Hersteller ihren Fokus immer mehr auf Offshore-Anlagen. Als »Double Landlocked Country« mit weiten Ebenen liegt für Usbekistan daher die chinesische Option nahe. Außerdem bieten chinesische Unternehmen und Finanzinstitute günstigere Bedingungen zur Finanzierung von Investitionen in usbekische Windkraftprojekte.

Schließlich zeigt sich im Windkraftsektor ein ähnliches Muster wie bei der Solarkraft. Während multilaterale Projekte ein vielfältiges Portfolio von Investoren aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, Deutschland und Saudi-Arabien aufweisen, werden die technischen Mittel fast ausschließlich von China bezogen. Neben dem Kostenfaktor spielen hierbei sowohl die naturräumlichen Gegebenheiten als auch die geographische Nähe Usbekistans zu China eine Rolle.

New Energy Vehicle

Im Unterschied zu den Bereichen Solar- und Windkraft dominiert China bei den sog. »neuen Energiefahrzeugen« (New Energy Vehicle) sowohl die Investitionen, als auch den usbekischen Markt als solchen. Im Jahr 2022 hat Usbekistan Elektrofahrzeuge im Wert von fast 70 Millionen US-Dollar importiert, davon zu 92 Prozent aus China.[15] Im selben Jahr haben sich Präsident Schawkat Mirsijojew und der Präsident des chinesischen Elektrofahrzeugherstellers BYD, Wang Chuanfu, auf den Bau eines BYD-Werkes mit einer jährlichen Fertigungskapazität von 50.000 Fahrzeugen in Dschissach geeinigt. Das Werk hat im Juni 2024 den Betrieb aufgenommen.[16] Damit endet auch das langjährige Monopol von General Motors in der usbekischen Autoindustrie.[17] Ebenfalls hat der chinesische Bushersteller Yutong 2023 300 Elektrobusse nach Usbekistan exportiert und sich damit auf Anhieb eine zentrale Marktposition im Land gesichert.[18]

China kontrolliert bereits 60 Prozent des globalen Marktes für Elektrofahrzeuge[19] und 75 Prozent der weltweiten Batterieproduktion.[20] Mit der wachsenden Dominanz Chinas nehmen auch die Importalternativen im Batteriebereich für Usbekistan ab. So hat sich das chinesische Unternehmen Henan Suda einen Auftrag zur flächendeckenden Installation von 50.000 Ladestationen für Elektrofahrzeuge bis 2033 in Usbekistan gesichert.[21] Diese Dominanz bei der Bereitstellung von Ladestationen korreliert mit Chinas nahezu monopolartiger Stellung im Elektrofahrzeugmarkt, da nur chinesische Ladestecker mit ihren Fahrzeugen kompatibel sind. Dadurch fördert China nicht nur eine vertikale Integration des usbekischen Marktes in die eigene Elektrofahrzeugproduktion, sondern auch eine horizontale Integration in die Batterieherstellung. In diesem Kontext nimmt die ohnehin geringe Wettbewerbsfähigkeit nicht-chinesischer Konkurrenten auf dem usbekischen Markt weiter ab. So ist Tesla für China in Usbekistan nur ein theoretischer Konkurrent, da der Konzern selbst auf chinesische Komponenten angewiesen ist und seine Fahrzeuge aufgrund der weiterhin hohen Preise nicht wettbewerbsfähig sind.

Chinas technologische Dominanz als Dilemma? Zwei mögliche Szenarien

Die aufgezeigte Abhängigkeit von chinesischen Technologien wirft Fragen für den weiteren grünen Wandel in Usbekistan auf. Im Folgenden werden zwei mögliche Szenarien skizziert, welche die usbekische Regierung in dieser Situation verfolgen könnte, wobei vor allem die jeweiligen Konsequenzen näher beleuchtet werden. Im ersten Szenario bleibt Usbekistan dem Status quo treu und setzt die enge Zusammenarbeit mit China fort, was die technologische Abhängigkeit verfestigt und die Möglichkeiten zur Diversifizierung weiter verringert. Im zweiten Szenario wird der Anteil ausländischer Technologien bei öffentlichen Ausschreibungen auf 30 Prozent begrenzt, um die inländische Entwicklung und Produktion kritischer Komponenten anzukurbeln.

Szenario 1: Fortführung des Status quo

Wenn Usbekistan weiterhin überwiegend auf chinesische Technologien setzt, könnte das Land kurzfristig von günstigen und leicht verfügbaren Lösungen profitieren. Langfristig könnten jedoch ähnliche Probleme wie im Januar 2022 auftreten, als die übermäßige Abhängigkeit von externer Energieinfrastruktur zu schweren Stromengpässen führte. In einer solchen Situation wäre Usbekistan auf die Bereitschaft Chinas angewiesen, schnell die aktuellsten und mit der bestehenden Infrastruktur kompatiblen Komponenten für Ersatz und Reparatur bereitzustellen.

Ein anderes Beispiel für die Frage der Kompatibilität sind Chinas Steckerstandards beim Laden von Elektrofahrzeugen, die nicht mit den Technologien anderer Anbieter wie Tesla kompatibel sind. Diese technologische Monopolstellung Chinas würde Usbekistan nicht nur in Preis- und Modernisierungsfragen abhängig machen, sondern auch hinsichtlich der Stabilität des chinesischen Marktes. Sollte die Stabilität der chinesischen Wirtschaft durch Handelskriege, demographische Probleme oder geopolitische Spannungen, etwa im südchinesischen Meer oder um Taiwan, gefährdet sein, könnte dies den Erhalt und die Wartung der grünen Infrastruktur in Usbekistan ernsthaft beeinträchtigen.

Schließlich könnte Beijing die technologische Abhängigkeit langfristig als politisches Druckmittel einsetzen, um Taschkents Unterstützung in internationalen Streitfragen zu erzwingen, zum Beispiel im Zusammenhang mit Taiwan und dem südchinesischen Meer. Dieses Risiko verdeutlicht, dass die Diversifizierung von Beschaffungsquellen für grüne Technologien als integraler Bestandteil der multivektoralen Außenpolitik Usbekistans gedacht werden muss.

Szenario 2: Limitierung des Imports von ausländischen Komponenten

Angesichts der Risiken, die mit einer übermäßigen Abhängigkeit von chinesischen Technologien einhergehen, könnte die usbekische Regierung ihre Lieferanten diversifizieren und gleichzeitig die Einfuhr von ausländischen Komponenten durch Quoten limitieren. Eine Möglichkeit wäre, den Anteil ausländischer Komponenten bei bestimmten Technologien auf 30 Prozent zu beschränken. Solche Einfuhrbeschränkungen könnten die inländische Entwicklung und Produktion kritischer Komponenten für die Nutzung erneuerbarer Energien ankurbeln, doch in jedem Fall würden sie verhindern, dass einzelne Länder, insbesondere China, mit Hinblick auf bestimmte Technologien den usbekischen Markt dominieren können.

Kurzfristig könnte eine solche Politik die Beziehungen zu China belasten, da sie der wirtschaftlichen Öffnungspolitik von Präsident Mirsijojew zuwiderläuft. China ist mit 21,5 Prozent des usbekischen Handelsvolumens der wichtigste Handelspartner des Landes. Eine Begrenzung ausländischer Komponenten würde in Beijing sicherlich auf Widerstand stoßen und Gegenmaßnahmen provozieren, um Usbekistan wieder zum Einlenken zu bewegen.

Zudem könnte eine solche Limitierung zur Steigerung von Kosten bei der Umsetzung von grünen Industrieprojekten führen, was das Erreichen der CO2-Neutralität bis 2050 erschweren würde. Ein großer Vorteil im aktuellen Handel mit China sind die vergleichsweise niedrigen Preise für hochwertige klimaneutrale Technologien.

Langfristig könnte Usbekistan jedoch erheblich von einer Verringerung der technologischen Abhängigkeit von China profitieren. Da auch andere Länder grüne Technologien entwickeln, könnte so ein ausgewogener Wettbewerb gefördert werden, der Usbekistan den Zugang zu preisgünstigen und qualitativ gleichwertigen Alternativen erleichtert. Dies würde nicht nur die wirtschaftliche Autonomie des Landes stärken, sondern auch die technologische Basis der Stromerzeugung diversifizieren und damit langfristig zur Energiesicherheit beitragen. Ob solche Maßnahmen zur Diversifizierung tatsächlich umgesetzt werden, hängt letztlich davon ab, wie gut kurzfristige Kosten gegen langfristige Vorteile abgewogen werden.

Fazit

Im Bereich grüner Technologien folgt Usbekistan dem globalen Trend einer wachsenden Abhängigkeit von China. Taschkent konnte zwar die Investitionsquellen für Solar- und Windkraftprojekte diversifizieren, doch bleibt China der Hauptanbieter der wichtigsten benötigten Technologien. Im Bereich der Elektrofahrzeuge genießt China bereits heute beinahe eine Monopolstellung. In dieser Situation hat Taschkent zwei Optionen: Entweder das Land behält seine bestehende Abhängigkeit von chinesischen Technologien bei, oder es implementiert Quoten, um die Einfuhr ausländischer Komponenten zu begrenzen. Während der Status quo kurzfristige Vorteile verspricht, bietet der diversifizierende Ansatz langfristig mehr Potenzial für die wirtschaftliche Entwicklung – auch wenn die kurzfristigen Kosten wahrscheinlich beträchtlich wären.

Beide Szenarien vergegenwärtigen das aktuelle Dilemma, für das es keine einfache Lösung gibt. Eine strategische Offenheit für notwendige Kompromisse könnte der usbekischen Regierung jedoch einen Mittelweg ebnen. Dieser könnte darin bestehen, weiter die wirtschaftliche Integration in Zentralasien zu fördern und dabei eine industrielle Basis für die regionale Entwicklung und Produktion heimischer Komponenten mit gemeinsamen Standards für grüne Technologien zu schaffen. Ein regionaler Markt für grüne Technologien mit eigener politischer Ökonomie könnte auch die notwendigen Informationen dafür liefern, wie Quoten für die Einfuhr ausländischer Komponenten am besten anzupassen sind. Schließlich hängt die Zukunft des grünen Wandels in der gesamten Region davon ab, dass Zentralasien nicht nur Absatzmarkt für externe Handelsinteressen bleibt, sondern sich innerhalb globaler Lieferketten als eigener wirtschaftlicher Akteur konstituiert.

Aus dem Englischen von Hartmut Schröder

Verweise

[1] https://www.enerdata.net/publications/daily-energy-news/uzbekistan-pledges-reach-carbon-neutrality-2050.html

[2] https://www.aljazeera.com/news/2022/1/25/millions-left-without-power-after-huge-blackout-hits-central-asia

[3] https://www.intellinews.com/saudi-arabia-tops-energy-investments-in-uzbekistan-324220/

[4] https://www.gazeta.uz/en/2023/05/05/business/

[5] https://www.scalingsolar.org/

[6] https://masdar.ae/en/renewables/our-projects/100-mw-nur-navoi-solar-project

[7] https://www.worldbank.org/en/news/press-release/2023/03/07/new-solar-power-plants-to-be-launched-in-uzbekistan-with-world-bank-support-helping-expand-access-to-clean-energy

[8] https://documents1.worldbank.org/curated/en/399191597901404025/text/100-MW-Solar-PV-Plant-by-Navoi-in-Uzbekistan-Non-Technical-Summary.txt

[9] https://daryo.uz/en/2024/03/15/masdars-powers-uzbekistan-first-units-of-511-mw-solar-duo-connect-to-grid#:~:text=connect%20to%20grid-,Masdar%20powers%20Uzbekistan%3A%20first%20units%20of%20511%2DMW%20solar%20duo,local%20grid%2C%20Renewables%20Now%20reported.

[10] https://oilprice.com/Alternative-Energy/Solar-Energy/China-Controls-80-of-Worlds-Solar-Panel-Supply-Chain.html

[11] https://daryo.uz/en/2024/02/16/uzbekistans-first-wind-power-plant-powers-155908-households#:~:text=The%20first%20wind%20power%20plant,step%20towards%20a%20sustainable%20future.

[12] https://www.deginvest.de/Newsroom/News/News-Details_803968-2.html; https://interfax.com/newsroom/top-stories/105497/

[13] https://www.evwind.es/2024/02/14/73-wind-turbines-installed-in-bukhara-uzbekistan/96667

[14] https://about.bnef.com/blog/chinas-goldwind-retains-turbine-supplier-lead-as-global-wind-additions-hit-new-high-according-to-bloombergnef/

[15] https://daryo.uz/en/2023/12/30/byd

[16] https://globalvoices.org/2024/09/11/chinese-electric-car-production-kicks-off-in-uzbekistan/

[17] Vgl. https://eurasianet.org/uzbekistan-gm-monopoly-fails-to-satisfy-demand

[18] https://www.uzdaily.uz/en/post/79708/

[19] https://www.reuters.com/business/autos-transportation/global-ev-sales-up-13-june-down-7-europe-rho-motion-says-2024-07-11/#:~:text=China%20accounted%20for%20over%2060,manager%20Charles%20Lester%20told%20Reuters.

[20] https://www.trendforce.com/news/2024/04/17/insights-chinas-position-in-ev-battery-market-to-be-shaken-as-the-mass-production-race-of-all-solid-state-battery-industry-speeds-up/

[21] https://kun.uz/en/news/2023/12/20/henan-suda-plans-mass-installation-of-ev-charging-stations-in-uzbekistan

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