Deutschland, Polen, Tschechien. Die wirtschaftlichen Beziehungen und das Bild vom Nachbarland

Von Jacek Kucharczyk, Agnieszka Łada, Łukasz Wenerski (alle Institut für Öffentliche Angelegenheiten, Warschau)

Zusammenfassung
Die gegenseitige Wahrnehmung der Polen, Tschechen und Deutschen spiegelt die Veränderungen in den wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Polen, Tschechien und Deutschland wider. Die vergleichende, repräsentative Untersuchung des Instituts für Öffentliche Angelegenheiten (Instytut Spraw Publicznych – ISP) wurde in allen drei Ländern durchgeführt und stellt generell eine positive Entwicklung des Bildes vom Nachbarn fest. Zwar sind Bestandteile der traditionellen Stereotype noch sichtbar, doch setzt sich eine neue, positive Annäherung an das jeweilige Nachbarland durch, die in Wechselwirkung zu den Wirtschaftskontakten steht. Vor allem sticht der sehr gute Ruf, dessen sich Deutschland sowohl in Polen als auch in Tschechien erfreut, hervor. Auch das Bild von Polen und Tschechien in Deutschland ist im Allgemeinen günstig, wobei Polen noch etwas positiver gesehen wird als Tschechien.

Die Investitionen und Handelskontakte zwischen Polen, Deutschland und Tschechien sind wichtige Elemente der wechselseitigen Beziehungen. Sie wirken sich nicht nur auf die Politik, sondern auch auf die Beziehungen zwischen den Gesellschaften aus. Allerdings muss zwischen den konkreten Faktoren, die die gegenseitige Wahrnehmung der Gesellschaften beeinflussen, differenziert werden. Deutschland war und ist der wichtigste Handelspartner Polens und Tschechiens, wobei der Handel mit diesen Ländern keinen sehr großen Prozentanteil in den deutschen Statistiken ausmacht. Trotzdem ist beispielsweise der Export aus Deutschland nach Polen seit Jahren höher als der nach Russland. Die Wirtschaftskraft Deutschlands übersteigt das Potential Polens und Tschechiens deutlich, und die Bedeutung Berlins auf der internationalen Bühne ist ungleich größer. Dieses Missverhältnis kann bedeuten, dass sich die Beziehungen der Polen und der Tschechen zu Deutschland vollkommen von der Haltung Deutschlands gegenüber Polen und Tschechien unterscheiden. Auch das Interesse und Wissen der Bevölkerung des größeren und stärkeren Staates über die östlichen Nachbarn sind gewöhnlich geringer als umgekehrt. Auf die Beziehungen zwischen Deutschland, Polen und Tschechien hat außerdem die komplizierte gemeinsame Vergangenheit einen nicht unerheblichen Einfluss, insbesondere die Jahre der Feindschaft und Abhängigkeit, deren Folgen sich tief in die Einstellung zur Nachbarnation eingeschrieben haben. Heute jedoch sind alle drei Länder Mitglieder der Europäischen Union, und Deutschland behandelt Polen und Tschechien zunehmend als wichtige Bündnispartner. Langzeituntersuchungen des Instituts für Öffentliche Angelegenheiten (Instytut Spraw Publicznych – ISP) in Warschau zeigen, dass die wachsende politische und wirtschaftliche Bedeutung auch von den deutschen Medien wahrgenommen wird.

Die gegenwärtige gegenseitige Wahrnehmung der Polen, Tschechen und Deutschen spiegelt die Veränderungen der Beziehungen zwischen unseren Ländern. Anders aber als technologische oder wirtschaftliche Veränderungen vollziehen sich Änderungen des Bildes einer Gesellschaft relativ langsam. Auf die positiven Effekte der Intensivierung von Kontakten und der wachsenden politischen Zusammenarbeit muss man gewöhnlich lange warten. Relativ leicht und schnell kann man dagegen ein positives Image zerstören.

Die im Juli 2013 vom ISP durchgeführten Meinungsumfragen in allen drei Ländern bestätigen dies. Im allgemein positiven Bild voneinander bestehen noch viele Lücken; sichtbar sind die traditionellen Stereotype. Aber es setzt sich auch eine neue, positive Annäherung an das Nachbarland durch, die es ermöglicht, intensivere und bessere Kontakte aufzubauen.

Die vergleichende Untersuchung, die in allen drei Ländern durchgeführt wurde, zeigt in eine Richtung. Vor allem sticht der sehr gute Ruf, dessen sich Deutschland sowohl in Polen als auch in Tschechien erfreut, hervor. Darauf hat auch die Rolle Deutschlands in Europa, seine Wirtschaftskraft und politische Stärke, Einfluss, die besonders in der letzten Zeit in der globalen Krise deutlich wurde.

Auch das Bild von Polen und Tschechien in Deutschland ist im Allgemeinen günstig, wobei Polen noch etwas positiver gesehen wird als Tschechien. Gründe dafür sind der rasche Wandel der Meinung über die polnische Wirtschaft zum Besseren, die große Anzahl polnischer Arbeitnehmer in Deutschland, deren Arbeit geschätzt wird, sowie die wachsende politische Bedeutung Polens auf der europäischen Bühne.

Bei den polnisch-tschechischen Beziehungen ist jedoch eine gewisse Asymmetrie feststellbar. Das hervorragende Image der Tschechen in Polen wird nicht von einem ebenso positiven Bild der Polen in Tschechien begleitet. Immer noch halten sich hartnäckig manche alten Stereotype über die Polen, die bisher weder von den sich gut entwickelnden Wirtschaftsbeziehungen noch von der steigenden Zahl unmittelbarer Kontakte zwischen Tschechen und Polen entkräftet wurden.

Das Bild eines Landes und seiner Wirtschaft setzt sich aus vielen Bestandteilen zusammen. Für die Attraktivität von Investitionen zählen insbesondere die Meinungen zur allgemeinen Wirtschaftsentwicklung und Arbeitsorganisation im betreffenden Land. Nicht ohne Bedeutung ist außerdem das wahrgenommene Ausmaß von Korruption und Bürokratie.

Polen und Tschechen beurteilen Deutschland in jeder dieser Kategorien sehr gut. Eine positive Einschätzung der deutschen Wirtschaftskraft oder der Arbeitsorganisation gaben über 90 Prozent der befragten Polen und Tschechen. Die gegenseitigen polnisch-tschechischen Bewertungen sind deutlich schlechter als die über Deutschland, jedoch äußern sich die Polen generell positiv über den tschechischen Staat. Vor diesem Hintergrund heben sich die kritischen Urteile der Tschechen über Polen ab. Beispielsweise ist der Anteil der Tschechen, die sagen, dass in Deutschland eine gute Arbeitsorganisation herrscht, über drei Mal so hoch wie in Bezug auf Polen.

Die guten polnisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen spiegeln sich in den deutschen Bewertungen des Zustands der Wirtschaft in Polen wider. Über die Hälfte der Deutschen stimmt der Aussage zu, dass sie sich gut entwickelt. Dies zeigt, dass das seit Jahrhunderten herrschende Stereotyp der »polnischen Wirtschaft« eine grundsätzliche Veränderung erfuhr. Bedeutete diese Bezeichnung früher Unordnung, Chaos, Rückständigkeit oder fehlende Arbeitsorganisation, so wird heute in Deutschland die »polnische Wirtschaft« mit schnellem Wachstum, Solidität und guten Investitionsbedingungen assoziiert. Gleichzeitig sind Hinweise auf Hindernisse aufgrund der polnischen Bürokratie oder der Korruption immer noch relativ häufig.

Die Untersuchungsergebnisse zeigen auch, dass es den Deutschen am schwersten fällt, die Nachbarländer zu beurteilen, hier ist der Anteil der Antwort »schwer zu sagen« am höchsten – allerdings bei Fragen zu Polen immer noch niedriger als bei Fragen zu Tschechien. Polen und Tschechen haben dagegen keine Probleme, ein Urteil über Deutschland abzugeben.

Die Tendenz, dass das kleinere Land das größere besser kennt, tritt auch im polnisch-tschechischen Verhältnis auf, wenn die Polen bei der Beurteilung Tschechiens häufiger zögern. Diese Beobachtung begleitet die gesamte Untersuchung der gegenseitigen Wahrnehmung von Polen, Tschechen und Deutschen.

Deutsche Unternehmen werden in Polen und Tschechien ausgezeichnet bewertet. Sie gelten als sehr gut, was die Unternehmensführung, die Fürsorge für die Arbeitnehmer, den Umweltschutz und die Einhaltung der Gesetze angeht. Die Analyse der Antworten zeigt, dass auch Befragte, die keinen persönlichen Kontakt mit Deutschland hatten, die deutschen Firmen positiv bewerten.

Die deutschen Meinungen über Unternehmen in Polen und Tschechien sind höchstens halb so gut. Besonders kritisch beurteilen die Deutschen die Beachtung des Umweltschutzes seitens polnischer und tschechischer Firmen. Die gegenseitigen Beurteilungen der Polen und Tschechen sind einander schon näher, obgleich sich die Polen besser über die Tschechen äußern und die Tschechen häufig keine eindeutigen Urteile zum Funktionieren der polnischen Unternehmen abgeben.

Meinungen zu Investitionen

Eine Asymmetrie in der gegenseitigen Wahrnehmung tritt auch bei der Bewertung der Rentabilität von Investitionen im anderen Land auf. Eine deutliche Mehrheit der Polen und Tschechen schätzt das Potential von Investitionen in Deutschland als sehr hoch ein. Gleichzeitig meinen doppelt so viele Tschechen, dass Investitionen in Deutschland ein gutes Geschäft seien, als sie dies in Bezug auf Investitionen in Polen äußern. Die Deutschen sind von der Rentabilität von Investitionen in Polen deutlich häufiger überzeugt als die Tschechen, was das allgemeine positive Bild der polnischen Wirtschaft in Deutschland widerspiegelt. Die Bewertung fällt besser als über Tschechien aus. Im Allgemeinen lässt sich aber feststellen, dass in Deutschland die Rentabilität von Investitionen sowohl in Polen als auch in Tschechien positiv eingeschätzt wird.

Die Bewertung des Einflusses der Investitionen aus dem Nachbarland auf die heimische Wirtschaft weist in allen drei Ländern eine Analogie zur Bewertung der Rentabilität von Investitionen auf. Auch hier wird der Einfluss deutscher Investitionen auf die Situation in Polen und in Tschechien am besten beurteilt. Jeder zweite befragte Pole spricht sich positiv über den Einfluss tschechischer Investitionen auf die heimische Wirtschaft aus. Umgekehrt sind es unter den Tschechen nur 30 Prozent. Mehr als doppelt so viele der tschechischen Befragten halten dagegen deutsche Investitionen für günstig.

Nach Meinung der in der Untersuchung befragten Experten, die aktiv in Geschäftsverbindungen mit den Nachbarländern stehen, sind die Unternehmen der drei Länder sehr an der Zusammenarbeit mit Firmen aus den Nachbarländern interessiert. Der Anteil dementsprechender Antworten schwankt zwischen 60 und 94 Prozent. Dabei gibt es nur eine Ausnahme – nur knapp die Hälfte der befragten tschechischen Experten ist vom Interesse tschechischer Unternehmen überzeugt, in Polen zu investieren.

Als Hauptbarriere für Investitionen in Polen und in Tschechien betrachten die befragten Experten dieser Länder die übermäßige Bürokratie im eigenen Land. Die Sprache dagegen stellt kein Problem dar, insbesondere Tschechen und Polen betrachten sie nicht als Hindernis bei der Kontaktaufnahme. Deutsche Experten sind in ihrer Beurteilung stärker gespalten, obgleich auch sie im Allgemeinen die Sprache nicht als wesentliches Problem bei Geschäftskontakten bewerten.

Noch wesentlicher für die weitere Entwicklung der Wirtschaftskontakte ist die Überzeugung von zwei Drittel der befragten polnischen Experten, dass mangelndes Vertrauen keine Barriere für die Handelskontakte darstellt – weder zwischen Polen und Tschechen noch zwischen Polen und Deutschen. Ähnlich urteilen zwei Drittel der Experten aus Tschechien in Bezug auf Investitionen zwischen Tschechien und Deutschland. In dieser Frage eine eindeutige Antwort zu geben, bereitet den Deutschen die meisten Schwierigkeiten, doch überwiegt auch hier die Ansicht, dass ein Mangel an Vertrauen kein Problem bei Investitionen in Polen und in Tschechien darstellt. Vor diesem Hintergrund hebt sich das Misstrauen der Tschechen gegenüber den Polen ab, wenn jeder zweite Befragte auf das mangelnde Vertrauen zwischen Polen und Tschechen als Hindernis für Investitionen hinweist. Ähnliche Behinderungen für die Kontakte mit Deutschland sieht lediglich jeder fünfte befragte Experte aus Tschechien.

Die Nachbarn in sozialen Rollen

Die Beurteilung eines Landes ist in der Regel stark mit den Ansichten über dessen Gesellschaft verbunden. Häufig treten Zusammenhänge zwischen dem Ausmaß der Sympathie, das den Vertretern der betreffenden Nation entgegengebracht wird, und der Wahrnehmung des Landes auf. Im Falle Polens, Tschechiens und Deutschlands gestalten sich die Beziehungen auch aus historischen Gründen jedoch mitunter anders, was bedeutet, dass das Gefühl kultureller Nähe nicht unbedingt eine hohe Meinung über den betreffenden Staat nach sich zieht bzw. sich eine hohe Meinung über Staat und Wirtschaft nicht immer in Form von Sympathie gegenüber der Bevölkerung niederschlägt. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass zirka zwei Drittel von Sympathie gegenüber der jeweils anderen Gesellschaft sprechen. Dabei gibt es eine deutliche Ausnahme – die Polen bringen den Tschechen eine außerordentlich große Sympathie entgegen. Wie die Langzeituntersuchungen zur Einstellung der Polen gegenüber anderen Nationen des Meinungsforschungsinstituts CBOS (Centrum Badań Opinii Społecznych) in Warschau zeigen, steigt die Sympathie der Polen gegenüber den Tschechen seit vielen Jahren und gelten die Tschechen bei den Polen gegenwärtig als eine der beliebtesten Nationen. Die Polen kennen das tschechische Kino, vor allem die Komödien, sie finden den Klang der tschechischen Sprache und den ironischen Humor sympathisch sowie die ungezwungene Lebenseinstellung. Auch was Mentalität und Sitten und Bräuche betrifft, scheinen den Polen die Tschechen nahe zu sein.

Vor dem Hintergrund der angeführten Analysen des Bildes des jeweiligen Landes hebt sich auch die Tatsache ab, dass die Tschechen die Polen ebenso häufig wie die Deutschen sympathisch finden, obwohl sie das Funktionieren des polnischen Staates oder der Wirtschaft häufig kritisch einschätzen. Hier schlägt sich bei den Tschechen sicherlich die Überzeugung von der Nähe der slawischen Nationen nieder, die allerdings kombiniert mit den vielen distanzierten Bewertungen Polens und der Polen dazu führt, dass der Grad der Sympathie doch nicht so hoch ist. Das hervorragende Bild von Deutschland als Land wirkt sich nicht in gleich hohem Ausmaß auf die Sympathiewerte der Tschechen gegenüber den Deutschen aus, was sicherlich auf die historischen Erfahrungen und die kulturellen Unterschiede zurückzuführen ist, die größer als zu den Polen sind. Im Ergebnis bringen die Tschechen beiden Nationen gleich viel Sympathie entgegen. Den Deutschen scheinen die Polen sympathischer als die Tschechen zu sein, auch wenn die Gruppe der Deutschen, die Antipathie gegenüber den Polen angibt, größer ist als diejenige, die von Antipathie gegenüber den Tschechen spricht.

Der Nachbar in der Rolle des Chefs oder des Kollegen

Die Intensität der Handelskontakte hängt auch von dem Gefühl der Distanz ab, das die Gesellschaften voneinander trennt. Je geringer es ist, desto leichter können Beziehungen aufgenommen, Zusammenarbeit fortgesetzt oder vertieft werden. Distanz hängt von Vertrauen, Sympathie und dem Gefühl von Sicherheit in Gegenwart der betreffenden Person ab. Distanz bzw. fehlende Distanz gegenüber der Bevölkerung des anderen Landes lässt sich hervorragend in einer Situation beobachten, wenn die Betreffenden persönliche Kontakte eingehen. Im Geschäftskontext gehören dazu die Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Vorgesetztem sowie zwischen Arbeitskollegen. Die Qualität dieser Beziehungen ist sowohl unter dem Aspekt der wirtschaftlichen Zusammenarbeit als auch der Investitionen im betreffenden Land wesentlich.

Generell ist es immer leichter, einen Ausländer in der Rolle des Kollegen als in der Position des eigenen Chefs zu akzeptieren, denn aus der Rolle des Vorgesetzten ergibt sich eine übergeordnete Position gegenüber dem Mitarbeiter. Der Grad der gegenseitigen Akzeptanz von Polen, Tschechen und Deutschen in diesen beiden sozialen Rollen ist sehr hoch, in allen Fällen übersteigt er 80 Prozent. Übereinstimmend mit den allgemeinen Tendenzen ist die Akzeptanz im Falle des Kollegen immer höher als im Falle des Chefs.

Die Deutschen würden einen Polen und einen Tschechen fast gleich gern in beiden Rollen sehen, was wieder bestätigt, dass beide Länder und deren Bevölkerung in Deutschland ähnlich wahrgenommen werden. Auch in Polen sind die Werte jeweils fast identisch. In beiden Ländern ist die Akzeptanz eines Tschechen als Chef oder Mitarbeiter etwas höher als entsprechend von Seiten der Tschechen.

Den Nachbarn zugeschriebene Eigenschaften

Die Akzeptanz des anderen in unterschiedlichen sozialen Rollen hat auch mit den Charaktereigenschaften zu tun, die der anderen Nation zugeschrieben werden. Je positiver sie sind, desto lieber wird der Vertreter der betreffenden Gesellschaft in der Rolle des Kollegen oder Vorgesetzten gesehen, desto stärker ist die Sympathie und – auf lange Sicht – desto lieber werden wirtschaftliche Beziehungen aufgenommen.

Das positive Bild von Deutschland als Land korrespondiert mit dem guten Image des »typischen« Deutschen. Eine Ausnahme stellen dabei die Eigenschaften Freundlichkeit und Ehrlichkeit dar, die die Polen häufiger den Tschechen als den Deutschen zuschreiben. Auf tschechischer Seite sind die Unterschiede zugunsten der Deutschen noch größer, allerdings stellt auch hier »Freundlichkeit« eine Ausnahme dar, indem sie häufiger den Polen als den Deutschen zugesprochen wird. Freundlichkeit ist die einzige Eigenschaft, bei der sich die Meinungen so scheiden. Die Deutschen nehmen sie bei den Polen eindeutig häufiger wahr als bei den Tschechen.

Deutliche Unterschiede treten auch im Falle von Unternehmergeist und Fleiß auf, die die Deutschen eher mit den Polen assoziieren. Sie hatten in der letzten Zeit auch besonders häufig Gelegenheit, sie bei den Polen kennenzulernen und daher auch zu beurteilen, und zwar nicht nur infolge der sich entwickelnden Wirtschaftsbeziehungen, sondern auch aufgrund der großen Anzahl von Polen, die in Deutschland arbeiten, und der steigenden Zahl der Deutschen in Polen, die ihr Bild von Polen und seiner Bevölkerung Verwandten und Bekannten vermitteln.

Generell wird der typische Pole von den Deutschen besser beurteilt als von den Tschechen. Besonders große Unterschiede treten bei der Beurteilung des Fleißes der Polen auf, ihrer Ausbildung, Ehrlichkeit und der bereits genannten Freundlichkeit.

Die Polen beurteilen die Charaktereigenschaften der Tschechen eindeutig besser als die Tschechen die Polen betrachten. Allerdings gibt es auch hier eine Ausnahme: Die Tschechen bewerten den Unternehmergeist der Polen deutlich höher als alle anderen Eigenschaften. Fast gleich bewerten beide Gesellschaften den Fleiß der Vertreter der jeweils anderen Nation.

Faktoren, die die Arbeitnehmer zur Arbeit motivieren

Die immer intensiveren Geschäftskontakte zwischen Polen, Deutschland und Tschechien beeinflussen auch die schrittweise Angleichung der Erwartungen, die die Arbeitnehmer gegenüber den Arbeitgebern haben. Dennoch spielt die Organisationskultur der Unternehmen im betreffenden Land weiterhin eine Schlüsselrolle. So lassen sich gerade in diesem Bereich deutliche Unterschiede zwischen der Haltung der Deutschen und den beiden slawischen Nachbarn erkennen.

Die Hierarchie der Faktoren, die den Polen und den Tschechen zur Arbeit motivieren, ist in beiden Ländern identisch. Die Experten beider Länder geben übereinstimmend an, dass in ihren Gesellschaften vor allem die Möglichkeit einer Gehaltserhöhung motiviert. Auf dem zweiten Platz steht eine »andere materielle Anerkennung«, aber gleich danach schon die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes, d. h. ein negativ motivierender Faktor. Die Meinungen der Polen und der Tschechen über die eigene Gesellschaft sind hier identisch, aber sie schreiben sich die motivierenden Faktoren auch gegenseitig in derselben Reihenfolge zu. Eine andere Reihenfolge trifft aber ihrer Einschätzung nach auf die Deutschen zu, die gleich nach der Gehaltserhöhung oder einer anderen Belohnung das Lob des Vorgesetzten motivieren soll. Die Angst des deutschen Arbeitnehmers vor dem Verlust des Arbeitsplatzes wird von den Polen auf den letzten Platz verwiesen. Diese Einschätzung steht sicherlich in Zusammenhang mit der sehr guten Meinung der polnischen und tschechischen Experten über den Zustand der deutschen Wirtschaft (in der Arbeitslosigkeit kein großes Problem darstellt) sowie über das Funktionieren der Unternehmen in Deutschland, die ein relativ hohes Gefühl an Beschäftigungssicherheit vermitteln.

Die polnischen und tschechischen Einschätzungen, was die Deutschen zur Arbeit motiviert, decken sich im Allgemeinen mit dem Urteil der Deutschen selbst. Demnach motiviert sie gleichermaßen die Gehaltserhöhung wie das Lob des Vorgesetzten; eine geringere Bedeutung schreiben sie anderen Arten von Belohnung zu. Übereinstimmend mit den Beurteilungen der Nachbarn ist bei den Deutschen eine negative Motivation nicht so wirksam. Festzustellen ist, dass die deutschen Einschätzungen der Faktoren, die die Polen und Tschechen motivieren, einerseits sehr ähnlich sind und andererseits ihre Reihenfolge dieselbe ist wie bei der Selbsteinschätzung der Deutschen. Dies weist darauf hin, wie sehr die deutschen Befragten eine Ähnlichkeit zwischen sich und den Polen und Tschechen sehen.

Arbeiten und leben im Nachbarland

Das positive Bild von Deutschland in Tschechien und Polen wird von der Überzeugung der Experten vervollständigt, dass in Deutschland ein hoher Lebensstandard herrscht. Über ihr eigenes Land äußern sie dies nicht so häufig. Gleichzeitig ist hier eine interessante Tendenz zu beobachten. Die Tschechen nennen häufiger ihr eigenes Land als Polen als dasjenige mit einem hohen Lebensstandard. In Polen ist dies umgekehrt – polnische Experten nehmen häufiger einen hohen Lebensstandard beim tschechischen Nachbarn als in Polen wahr. Die Deutschen wiederum betrachten hier Polen positiver als Tschechien.

Dagegen sind die Experten aller drei Länder überzeugt, dass in ihrem eigenen Land besonders viel gearbeitet wird. Ein hoher Prozentanteil der Befragten in Polen und in Tschechien glaubt dies auch von Deutschland. Dies entspricht den allgemeinen positiven Urteilen über die deutsche Wirtschaft und ihre Unternehmen.

Faktoren, die die gegenseitige Wahrnehmung beeinflussen

Generell betrachten die Polen Deutschland als Land (sowohl das Funktionieren des Staates als auch der Unternehmen) sowie die beiderseitigen Wirtschaftsbeziehungen positiver. Wärmere Gefühle hingegen bringen sie den Tschechen als Gesellschaft entgegen. Die Tschechen wiederum habe ein außerordentlich positives Bild von Deutschland und den Deutschen. Vor diesem Hintergrund fällt das Bild Polens, wenngleich es im Allgemeinen als positiv wahrgenommen, schlechter aus. Dabei mögen die Tschechen die Polen ebenso wie die Deutschen und beurteilen sie als freundlich, was für das Gefühl einer gewissen kulturellen Nähe oder die Ähnlichkeit von Sitten und Bräuchen spricht.

Die Deutschen nehmen Polen positiver als Tschechien wahr. Auch sind sie gegenüber der polnischen Gesellschaft positiver eingestellt als gegenüber den Tschechen, generell herrscht aber über beide Länder eine positive Meinung. Die Tendenzen in der Beurteilung Polens und Tschechiens sind ähnlich. Gleichzeitig wird deutlich, dass die Deutschen zum Thema Polen und die Polen eine differenziertere Meinung haben als über Tschechien und die Tschechen. Dies ergibt sich aus dem größeren Wissen, das auf einem breiteren Geflecht von Verbindungen zwischen Polen und Deutschland beruht.

In der polnischen Einschätzung des südlichen Nachbarn wird die generelle Sympathie gegenüber den Tschechen von positiven Urteilen über den »typischen Tschechen« begleitet. Ähnliche Tendenzen sind in den Bewertungen der Deutschen festzustellen, jedoch fehlt hier eine deutliche Verbindung zwischen der positiven Beziehung zu den Menschen und den Meinungen über das Land.

Ähnlich wie in den Beurteilungen der Polen ist auch in den Meinungen der Tschechen sichtbar, dass diejenigen, die Sympathie gegenüber den Polen äußern, auch das Land und seine Bevölkerung besser einschätzen. Diese Wechselbeziehungen treten allerdings nicht bei den Meinungen zum Thema wirtschaftliche Entwicklung auf.

In Deutschland verbindet sich die Sympathie gegenüber den Vertretern der jeweiligen Gesellschaft mit der Akzeptanz für deren Vertreter in unterschiedlichen sozialen Rollen sowie mit der Beurteilung ihres »typischen« Charakters.

Der Blick der Polen auf Deutschland ist vom Alter abhängig. Die jüngsten und die ältesten Polen bewerten Deutschland am schlechtesten und äußern am seltensten Sympathie bzw. akzeptieren Deutsche relativ selten als Chef oder Arbeitskollegen. Im Falle Tschechiens und der Tschechen gibt es dagegen keine so deutliche Verbindung. In Tschechien sind die untersuchten soziodemographischen Faktoren nicht eindeutig mit den Meinungen über die Deutschen und die Polen verknüpft. Sympathie geben ältere Menschen an, aber nur in Bezug auf die Deutschen. Auch in Deutschland haben die soziodemographischen Faktoren keinen größeren Einfluss auf die Einstellung der Befragten. Hier ist nicht einmal das Alter ausschlaggebend für das Ausmaß der Sympathie gegenüber den Nachbarn.

In allen Fällen aber beurteilen besser ausgebildete Menschen die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den drei Ländern und das Funktionieren der Unternehmen bei den Nachbarn im Allgemeinen positiver.

Übersetzung aus dem Polnischen: Silke Plate

Informationen zu den Autoren finden Sie auf der nächsten Seite.

Der Text ist eine Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse, die im Rahmen der Publikationsreihe von PKN Orlen Future Fuelled by Knowledge (FFBK) veröffentlicht wurden (http://konferencje.orlen.pl/download?file=/files/raporty/raport_pl_2013.pdf, abgerufen am 27.09.2013).

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