Zum Antisemitismus in Polen unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Zwei Bücher zu einer aktuellen Debatte

Von Karol Sauerland

Zusammenfassung
Im Januar dieses Jahres erschienen zu gleicher Zeit zwei Bücher, die vom Antisemitismus in Polen unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg handeln: Strach. Antysemityzm tuż po wojnie. Historia moralnej zapaści (Angst. Antisemitismus gleich nach dem Krieg. Geschichte eines moralischen Verfalls) von Jan Tomasz Gross und Po Zagładzie. Stosunki polsko-żydowskie 1944–1947 (Nach dem Holocaust. Polnisch-jüdische Beziehungen 1944–1947) von Marek Jan Chodakiewicz. Beide Autoren lehren in den USA, beider Muttersprache ist Polnisch. Aber beide verfolgen unterschiedliche Ziele. Mit diesen Publikationen wird in Polen eine Debatte fortgesetzt, die bereits 1987 mit einem Text von Jan Błoński in der katholischen Wochenzeitung »Tygodnik Powszechny« (Allgemeines Wochenblatt) begann und u.a. mit dem Buch Sąsiedzi (Nachbarn) von Jan Tomasz Gross im Jahr 2000 kontrovers und öffentlichkeitswirksam fortgesetzt wurde.

PDF-Datei in neuem Fenster anzeigen

Lesetipps / Bibliographie

  • Chodakiewicz, Marek Jan, Po Zagładzie. Stosunki polsko-żydowskie 1944–1947, Warszawa 2008.
  • Gądek, Mariusz (Hrsg.), Wokół Strachu. Dyskusja o książce Jana T. Grossa, Kraków 2008.
  • Gross, Jan Tomasz, Strach. Antysemityzm tuż po wojnie. Historia moralnej zapaści, Kraków 2008.

Zum Weiterlesen

Analyse

Das Projekt des polnisch-deutschen Schulbuchs

Von Krzysztof Ruchniewicz
Der Autor skizziert die Entstehungsgeschichte des polnisch-deutschen Schulbuchprojekts, das an die Arbeit der polnisch-deutschen Schulbuchkommission anknüpft, die 1972 gegründet worden war. Mit zunehmender Entkrampfung in den polnisch-deutschen Beziehungen und der Entwicklung des polnisch-deutschen Schüleraustauschs seit den 1990er Jahren stieg der Bedarf, neues Lehrmaterial zu entwickeln und zu veröffentlichen. Die vom damaligen deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier vorgestellte Idee, ein gemeinsames deutsch-polnisches Lehrbuch zu verfassen, stieß bei der national-konservativen Regierung in Warschau auf kein Interesse; nach dem Regierungswechsel in Warschau 2007 gab die große Politik grünes Licht. Mittlerweile sind die Empfehlungen für das polnisch-deutsche Geschichtsbuch von Experten erarbeitet und der Öffentlichkeit im Dezember 2010 vorgestellt worden. Nun entscheidet sich am freien Markt, ob sich ein polnisch-deutsches Verleger-Tandem findet, das es übernimmt, die ersten Bände von Geschichtsdidaktikern entwickeln zu lassen und herauszugeben. (…)
Zum Artikel
Analyse

Zum Minderheitenstatus der polnischsprachigen Migranten in Deutschland

Von Andrzej Kaluza
Der deutsch-polnische Nachbarschaftsvertrag von 1991 sichert Angehörigen der deutschen Minderheit in Polen und Angehörigen der Gruppe deutscher Staatsbürger mit polnischer Abstammung oder Bekenntnis zur polnischen Sprache, Kultur oder Tradition vergleichbare Rechte zu. Die etwa 300.000 polnischen Staatsbürger, die sich als Deutsche verstehen, werden nicht nur durch den bilateralen Vertrag, sondern auch durch den polnischen Gesetzgeber als Minderheit anerkannt und genießen dadurch bestimmte Förderrechte (Bildung, Kultur, Medien) von Seiten des Staates. Dagegen hat die polnischsprachige Gruppe in Deutschland formalrechtlich nicht den Status einer nationalen Minderheit, da sie nicht zu den traditionellen in Deutschland ansässigen Minderheiten zählt, sondern aus Migranten besteht. Vertreter der »Polonia«-Organisationen in Deutschland streben diesen Status dennoch an. Der Autor weist darauf hin, dass sowohl die historischen Argumente wie auch die Ausdifferenzierung der Selbstidentifikation der Angehörigen der polnischen Gruppe in Deutschland den Status einer nationalen Minderheit nicht begründen können, gleichwohl aus dem deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag einzulösende Verpflichtungen (z. (…)
Zum Artikel

Logo FSO
Logo DGO
Logo ZOIS
Logo DPI
Logo IAMO
Logo IOS