Frauen, Frauenbild und »Frauenfrage«

Von Bożena Chołuj

Zusammenfassung
Der feministische Diskurs hat sich im Polen der Transformationszeit so ausdifferenziert, dass man auch in diesem Land von Frauen, jedoch nicht mehr von einem Frauenbild sprechen kann. Es gibt zwar Bestrebungen, ein Ideal der Weiblichkeit, ein homogenes Frauenbild im Rahmen der Familienpolitik nach der Wende von 1989 herzustellen, etwa nach dem traditionellen Muster der »Mutter Polin«, aber inzwischen zerfällt auch dieses Bild im Zuge eines Pluralisierungsprozesses in mehrere Typen: Neben der »Mutter Polin« steht ihr Pendant, die emanzipierte Unternehmerin, neben der »gastronomischen Mutter« eine Karrierefrau als Politikerin oder Akademikerin, neben der keuschen Frau eine Feministin oder Hexe, je nachdem, welche Zeitung man aufschlägt. Wie die Frauen sortiert werden, ist eher von politischen Optionen abhängig und nicht von den gelebten Lebensentwürfen der Frauen selbst. Die »Frauenfrage« dagegen ist in Polen weiterhin aktuell, weil die Gleichstellung der Geschlechter seit 1989 nicht gerade oben auf der Agenda der Regierungen stand, unabhängig davon, ob sie sich als rechts oder links definierten. Ein Indikator für eine gewisse Beliebigkeit, mit der diese Problematik politisch behandelt wird, ist dabei die Tatsache des immer noch fehlenden Gleichstellungsgesetzes.

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Analyse

Die Selbstverwaltungswahlen 2010 – der Frauenanteil auf Listen und in Wahlen

Von Aleksandra Niżyńska, Małgorzata Druciarek
Das im Januar 2011 verabschiedete Wahlgesetz sieht vor, dass sich auf einer Wahlliste nicht weniger als 35 % Frauen und nicht weniger als 35 % Männer befinden müssen, damit diese zugelassen werden kann. Schon im Wahlkampf zu den Regional- und Kommunalwahlen 2010 war das Thema der Teilhabe von Frauen an der Politik zu einer Schlüsselfrage geworden. In der Tendenz stellt die Analyse einen systematischen Anstieg des Frauenanteils unter den Kandidaten für politische Ämter fest, doch ging dieser Anstieg von Wahl zu Wahl zurück. Im Vergleich zu 2006 gab es bei den Selbstverwaltungswahlen 2010 nur um 2 Prozentpunkte mehr Kandidatinnen. Die 35%-Regelung kann sich nach Auffassung der Autorinnen nur als effektiv erweisen, wenn die Parteien sich dazu entscheiden, Frauen auf den vorderen Plätzen der Wahllisten zu platzieren. (…)
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Analyse

Die drei Emanzipationswellen der Schwulen in Polen

Von Błażej Warkocki
Aufgrund der soziokulturellen Liberalisierung in den 1980er Jahren in der Volksrepublik Polen nahm auch – sehr allmählich – das Interesse an dem verdrängten und pathologisierten Thema Homosexualität zu. In den 1990er Jahren wandelte sich der überwiegend private Charakter, der in schwulen Gruppen gepflegt worden war, in eine halböffentliche Form der gesellschaftlichen Präsenz. Dies ergab sich aus dem Einfluss von Zeitschriften, die an Homosexuelle gerichtet waren, der Möglichkeit, Schwulenprojekte ins Leben zu rufen, und der Bearbeitung der schwulen Identität in der Literatur. Doch weiterhin wurde das Thema Homosexualität als gesellschaftlich marginal und unpolitisch wahrgenommen. Die Plakataktion »Sie sollen uns sehen« in polnischen Städten im Jahr 2003 führte dazu, dass die homosexuelle Frage in den öffentlichen Diskurs durchdrang und politisch wurde. (…)
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