DRA in Russland zur unerwünschten Organisation erklärt: Stellungnahme des DRA
Der DRA ist gestern auf Beschluss der russischen Generalstaatsanwaltschaft zur unerwünschten Organisation in Russland erklärt worden. Dazu erklärt der DRA: Dies ist eine harte und ungerechtfertigte Nachricht für den DRA, seine Partner und alle, die sich in Russland und im europäischen Austausch für Verständigung, eine offene Gesellschaft und demokratische Rechte einsetzen.
Die Anschuldigungen gegen den DRA sind absurd. Der DRA setzt sich seit fast 30 Jahren für die deutsch-russisch-europäische Verständigung ein. In Zeiten politischer Spannungen ist der beständige Dialog wichtiger denn je. Die Erklärung des DRA zur »unerwünschten Organisation« in Russland hat das Ziel, eben diesen Austausch zu kappen und alldiejenigen in Russland einzuschüchtern, die sich für Verständigung und eine aktive Zivilgesellschaft einsetzen.
Zusammen mit seinen Partnern in zahlreichen Ländern von Frankreich über Polen, Bulgarien, Ukraine bis Armenien organisiert der DRA Begegnung, Dialog und gleichberechtigte Zusammenarbeit zwischen den Menschen in Deutschland und anderen Ländern Europas. Der DRA setzt sich ein für Demokratie und Menschenrechte, ein friedliches Miteinander, europäische Integration und Erinnerung, aber auch soziale und kulturelle Teilhabe, Demokratie- und Umweltbildung.
Beispiele für die Arbeit des DRA in Russland sind u. a. ein Verständigungsprojekt zur Verringerung religiöser Spannungen und der Stärkung ökonomischer Grundlagen im Nordkaukasus; Bildungsreisen für Vertreter:innen aus Verwaltung, Bildung, Wirtschaft, Medien, Zivilgesellschaft in Russland und Deutschland; Projekte zur Klima- und Umweltbildung für junge Menschen und für die ländliche Entwicklung; oder die Zusammenarbeit mit Kulturorganisationen zwischen Pskov und Omsk mit dem Ziel, Menschen mit Behinderungen leichteren Zugang zu Kunst und Kultur zu ermöglichen.
Der DRA hat in dieser Zeit Zehntausenden Menschen durch Fachprogramme, Freiwilligenaufenthalte, Bildungs- und Begegnungsformate, Ressourcenzentren und die Arbeit zur Konfliktüberwindung zusätzliche Expertise und interkulturelle Erfahrung ermöglicht, dazu persönliche Kontakte, die oft das Leben der Beteiligten für viele Jahre oder gar für immer geprägt haben.
Der DRA hat durch die Mitgründung und -entwicklung mehrerer wichtiger internationaler Plattformen die Zivilgesellschaften vieler Länder einander näher gebracht. Er ist nicht zuletzt auch seit langem Mitglied des Petersburger Dialogs zur Förderung der Verständigung zwischen den Zivilgesellschaften Deutschlands und Russlands.
Das Verbot ist ein Einschnitt für die Arbeit des DRA und ein weiterer Schlag gegen die demokratische Zivilgesellschaft in Russland und ihre Chancen auf gemeinsame internationale, nachhaltige und moderne Entwicklung. Wir beenden schweren Herzens mit sofortiger Wirkung unsere Arbeit in Russland und die Zusammenarbeit mit unseren russischen Kolleg:innen und Partnern, um diese und ihre Arbeit nicht zu gefährden. Wir bedauern es, dass wir die wichtigen und guten Kooperationen jetzt nicht fortsetzen können, danken ihnen für die Unterstützung heute und in all den Jahren. Wir wünschen ihnen weiter gutes Gelingen, viel Kraft und Mut und fühlen uns ihnen und dem Land weiter tief und freundschaftlich verbunden.
Wir erklären uns solidarisch mit den anderen NGOs, die heute zeitgleich mit uns für »unerwünscht« in Russland erklärt worden sind, das Zentrum für Liberale Moderne (LibMod) und das Forum Russischsprachiger Europäer, aber auch mit der Europäischen Plattform für Demokratische Wahlen (EDPE), der schon vor drei Jahren ebenso ungerechtfertigt dieser Status aufgezwungen wurde.
Natürlich werden wir unsere Arbeit in Deutschland und den mittel- und osteuropäischen Ländern, in der EU, im Kaukasus und auf dem Balkan fortsetzen und auch weiter vielen Menschen eine Stimme geben – auch aus und zu Russland. Insbesondere solchen, die sich für internationale Verständigung und eine demokratische, freie Gesellschaft und Zivilgesellschaft einsetzen; die die Menschenrechte, das Völkerrecht und das Entwicklungsrecht der Einzelnen achten – als Grundbedingungen für einen offenen, friedlichen gesamteuropäischen Raum.
Wir sind überzeugt, dass diese Kräfte stärker sein werden als die Einschränkungen und Barrieren, die einige wenige verhängen können unter Missachtung der Interessen ihrer eigenen Bevölkerung und der internationalen, gutnachbarlichen Beziehungen.
Quelle: Webseite DRA, 27 Mai 2021, https://www.austausch.org/aktuelles-deteils/stellungnahme-des-dra/.
PM zur Entscheidung der russischen Behörden, das Zentrum Liberale Moderne als »unerwünschte ausländische Organisation« einzustufen
Zu der Entscheidung der russischen Behörden, das Zentrum Liberale Moderne als »unerwünschte ausländische Organisation« einzustufen, erklären Ralf Fücks und Marieluise Beck:
Die Entscheidung der russischen Generalstaatsanwaltschaft, das Zentrum Liberale Moderne (LibMod) gemeinsam mit dem Deutsch-Russischen-Austausch und dem »Forum russischsprachiger Europäer« als »unerwünschte ausländische Organisation« zu brandmarken, ist ein politischer Willkürakt.
Sie zielt darauf, unsere Zusammenarbeit mit russischen Partnern mit einem Federstrich zu kappen. In der Konsequenz machen sich alle russischen Staatsbürger strafbar, die mit uns in irgendeiner Form zusammenarbeiten.
Unser mit Abstand größtes deutsch-russisches Vorhaben war bisher ein mehrjähriges Projekt »Klimawandel und ökonomische Modernisierung Russlands«, an dem zahlreiche Expertinnen und Experten aus Russland beteiligt sind. Dazu kommen ein Dialogprojekt zur Aktualität Andrej Sacharows, die Website www.russlandverstehen.eu und eine jährliche internationale Konferenz »Russland und der Westen.« Unsere Russland-Aktivitäten werden auch durch das Auswärtige Amt gefördert.
Wir haben nie einen Hehl aus unserer kritischen Haltung gegenüber dem Putin-Regime gemacht, engagieren uns dafür umso mehr in der Zusammenarbeit mit der russischen Zivilgesellschaft und in der Debatte über eine zugleich wertorientierte und realistische Russland-Politik. Unser Traum ist ein demokratisches und europäisches Russland.
Die Politik des Kremls zielt darauf ab, internationale NGO’s, Stiftungen und Think Tanks in »erwünschte« und »unerwünschte« Organisationen auseinander zu dividieren. Zu den bisher gelisteten Organisationen gehören u. a. die Europäische Plattform für Demokratische Wahlen, der German Marshall Fund, das Prague Civil Society Center, die Open Society Foundation, das National Endowment for Democracy und die internationalen Stiftungen der Demokraten und Republikaner in den USA, der Atlantic Council und die »Association of Schools of Political Studies« des Europarats.
Wer sich kritisch mit der russischen Politik auseinandersetzt, muss damit rechnen, aus dem Land gedrängt zu werden. Ein beabsichtigter Effekt dieser Maßnahmen ist die Einschränkung der Meinungsfreiheit im Westen, wenn es um die kritische Berichterstattung und Debatte zu Russland geht. Gleichzeitig wird damit der russischen Zivilgesellschaft ihre Unterstützung aus dem Westen entzogen. In Russland sind inzwischen mehr als 160 Nichtregierungsorganisationen als »ausländische Agenten« eingestuft.
Wir hoffen, dass die Bundesregierung und alle Freunde Russlands diese Spalte und Herrsche – Politik nicht hinnehmen werden und sich für die Aufhebung dieser Entscheidung der russischen Behörden einsetzen. Außenminister Maas danken wir für seine klaren Worte.
Ein Dialog mit Maulkorb ist nicht mehr als eine Farce.
Quelle: Webseite von Libmod, 27.05.2021, https://libmod.de/pm-entscheidung-russischen-behoerden-libmod-unerwuenschte-auslaendische-organisation/.
Außenminister Maas zum Betätigungsverbot gegen drei deutsche Zivilgesellschaftsorganisationen in Russland
Organisationen die Arbeit zu verbieten, die sich um die Verständigung zwischen unseren beiden Ländern und den Menschen bemühen, ist ein herber Rückschlag für unsere Bemühungen, ein besseres Verhältnis zu Russland zu erreichen. Die Entscheidung des russischen Generalstaatsanwaltes, insgesamt drei deutschen Zivilgesellschaftsorganisationen ein Betätigungsverbot in Russland zu erteilen, ist vor diesem Hintergrund besonders befremdlich und inakzeptabel.
Zwei der betroffenen Organisationen engagieren sich seit Jahren im Petersburger Dialog für die deutsch-russische Verständigung. Nichts in ihrer Tätigkeit kann einen solchen gravierenden Schritt rechtfertigen oder begründen. Ich fordere Russland deshalb auf, diesen Schritt rückgängig zu machen und den freien Austausch der Zivilgesellschaft zu fördern. Die Vertreter der Zivilgesellschaft müssen ihrer Arbeit nachgehen können, ohne kriminalisiert zu werden.
Hintergrund:
Die russische Generalstaatsanwaltschaft hat heute erstmals drei deutsche Organisationen zu »unerwünschten ausländischen Organisationen« erklärt. Unter den Organisationen ist das Forum Russischsprachiger Europäer, das Zentrum für die Liberale Moderne und Deutsch-Russischer Austausch. Seit Mai 2015 gibt es in Russland das Gesetz über »unerwünschte ausländische Organisationen«, das für Organisationen geschaffen wurde, die nicht in Russland organisiert sind.
Die Entscheidung, welche Organisationen unerwünscht sind, fällt die Generalstaatsanwaltschaft Russlands mit Zustimmung des Außenministeriums der Russischen Föderation. Mit der Registrierung durch das Justizministerium der Russischen Föderation ist de facto ein Betätigungsverbot verbunden, Aktivitäten der Organisation in Russland sowie Zusammenarbeit mit dieser durch russische Organisationen stehen auch unter Strafe.
Quelle: Auswärtiges Amt, 26.05.2021, https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/-/2463118.
Dialog erheblich eingeschränktVorstand des Petersburger Dialogs: Repressiver Umgang mit NGO ist völlig inakzeptabel und heizt Spannungen weiter an
Der Vorstand des Petersburger Dialogs e. V. hat am Donnerstagabend in einer Sondersitzung den Umgang mit deutschen Nichtregierungsorganisationen verurteilt. Zuvor hatte die russische Generalstaatsanwaltschaft mit dem Zentrum Liberale Moderne, dem Deutsch-Russischen Austausch und dem Forum Russischsprachiger Europäer drei weitere Organisationen als unerwünscht eingestuft. Die beiden erstgenannten NGO sind Mitglieder im Petersburger Dialog.
Ronald Pofalla, Vorstandsvorsitzender des Petersburger Dialogs auf deutscher Seite: »Die russische Regierung geht damit weiter auf Konfrontationskurs zum zivilgesellschaftlichen Dialog. Der Petersburger Dialog soll Brücken zwischen unseren Ländern bauen. Seinen Mitgliedern die Arbeit in Russland zu verbieten und mit drakonischen Strafen zu drohen, das werden wir nicht hinnehmen. Behinderung und Kriminalisierung der Nichtregierungsorganisationen haben ein unerträgliches Maß erreicht.«
In Konsequenz auf die Vorgänge hat der Vorstand des Petersburger Dialogs die für 8. und 9. Juli in Moskau geplante gemeinsame Vorstandssitzung mit der russischen Seite abgesagt. Die diesjährige Hauptveranstaltung, der 19. Petersburger Dialog am 14. und 15. Oktober in Kaliningrad, soll nur stattfinden, wenn alle Organisationen ungehindert daran teilnehmen können.
Bereits seit 2018 ist auf der Liste der in Russland »unerwünschten Organisationen« auch die in Berlin ansässige European Platform for Democratic Elections (EPDE), ebenfalls Mitglied im PD.
Der Petersburger Dialog ist ein bilaterales Diskussionsforum zur Verständigung zwischen den Zivilgesellschaften Russlands und Deutschlands. Teilnehmer:innen der unter der Schirmherrschaft der Bundeskanzlerin und des russischen Präsidenten stehenden Jahreshauptkonferenz sind deutsche und russische Vertreter:innen des öffentlichen Lebens mit Multiplikatorfunktion und Expert:innen aus allen gesellschaftlichen Bereichen. Zwischen den Jahrestagungen werden bei weiteren Treffen der zehn Arbeitsgruppen aktuelle Fragen erörtert und Projekte initiiert. Weitere Informationen unter www.petersburger-dialog.de.
Die Erklärung des Vorstands des Petersburger Dialogs e. V. vom 27. Mai 2021 im Wortlaut
Am 26. Mai 2021 sind drei deutsche Organisationen – das Zentrum Liberale Moderne, der Deutsch-Russische Austausch sowie das Forum Russischsprachiger Europäer – von der russischen Generalstaatsanwaltschaft als »unerwünschte ausländische Organisationen« eingestuft worden.
Damit sind, nachdem die European Platform for Democratic Elections (EPDE) bereits seit 2018 als »unerwünschte ausländische Organisation« vom russischen Justizministerium gelistet ist, mit dem Zentrum Liberale Moderne und dem Deutsch-Russischen Austausch zwei weitere Mitglieder des Petersburger Dialogs direkt betroffen und unmittelbar auch in ihrer Arbeit im Rahmen des Petersburger Dialogs auch in Russland, darunter der Teilnahme an bilateralen Sitzungen, erheblich eingeschränkt.
Der Vorstand des Petersburger Dialogs e. V. beschließt vor diesem Hintergrund, die geplante bilaterale erweiterte Vorstandssitzung vom 8. und 9. Juli 2021 in Moskau abzusagen.
Die Brandmarkung als »unerwünschte ausländische Organisation« wirkt sich auch für ihre russischen Projektpartner:innen und Mitarbeiter:innen aus, die wegen jeder Form der Zusammenarbeit strafrechtlich verfolgt werden können.
Eine Spaltung des Petersburger Dialogs in »erwünschte« und »unerwünschte« Mitglieder und Organisationen ist nicht akzeptabel.
Der Petersburger Dialog kann seinen Aufgaben nur dann nachkommen, wenn alle seine Mitglieder nicht nur an den Gremiensitzungen, sondern an der zivilgesellschaftlichen Zusammenarbeit mit Partner:innen des anderen Landes teilnehmen können. Dies gilt insbesondere für die geplante Hauptveranstaltung des Petersburger Dialogs in Kaliningrad vom 14. und 15. Oktober 2021.
Quelle: Karenina – Petersburger Dialog Online, 28. Mai 2021, https://www.karenina.de/leben/zivilgesellschaft/petersburger-dialog-erheblich-eingeschraenkt/.