1. Internationale Beziehungen
Internationale »Krim-Plattform« zur Deokkupation der Halbinsel
Ende Februar unterschrieb Präsident Wolodymyr Selenskyj ein Dekret zur Gründung der Krim-Plattform, einer Initiative zur Zusammenführung und Koordinierung von internationalen Bestrebungen zur Deokkupation der Halbinsel Krim, die bislang auf Ad-hoc-Ebene stattfanden. Russland bezeichnete die Initiative erwartungsgemäß als gegen »seine Regionen« gerichtete »aggressive Bedrohung«. Der erste internationale Gipfel der Plattform soll am 23. August 2021 stattfinden – an diesem Tag feiert die Ukraine den 30. Jahrestag ihrer Unabhängigkeit.
Am 14. Januar nahm der Europäische Menschenrechtsgerichtshof Klagen der Ukraine gegen Rechtsverstöße auf der Krim zu Teilen als zulässig an. Bis zu einem endgültigen Urteil des Gerichts kann es noch Jahre dauern.
US-Sanktionen gegen ukrainische Staatsbürger
Anfang Januar verhängten die USA Sanktionen gegen sieben ukrainische Staatsbürger und vier Medienkanäle, die laut US-Administration Verbindungen nach Russland und zu Andrij Derkatsch haben, einem Abgeordneten des ukrainischen Parlaments, dem die US-Regierung vorwirft, russischer Agent zu sein. Derkatsch haben die USA im September 2020 wegen des Versuchs der Beeinflussung der US-Präsidentschaftswahl 2020 mit Sanktionen belegt. Weitere Ukrainer, gegen die Sanktionen verhängt wurden, sind Oleksandr Dubinskyj, ein Parlamentsabgeordneter aus Selenskyjs Partei, sowie etliche ehemalige Regierungsbeamte.
Im März 2021 belegten die USA den mächtigen ukrainischen Oligarchen und ehemaligen Eigentümer der PrivatBank Ihor Kolomojskyj mit Sanktionen. Einer Verlautbarung des Außenministeriums zufolge war er 2014/15, in seiner Zeit als Gouverneur von Dnipropetrowsk, in »Korruption beträchtlichen Ausmaßes« involviert. Die US-Regierung wirft Kolomojskyj und seinem Partner Hennadij Boholjubow vor, Gelder der PrivatBank veruntreut zu haben.
Motor Sitsch-Verstaatlichung und Beziehungen zu China
Das ukrainische Unternehmen Motor Sitch ist einer der größten Produzenten von Flugzeug- und Hubschraubermotoren sowie Gasturbinen weltweit. Es wurde Mitte der 1990er Jahre privatisiert, Ende 2019 genehmigten seine ukrainischen Eigentümer den Verkauf einer Anteilsmehrheit an chinesische Investoren. Die US-Regierung war gegen diesen Verkauf, aus Sorge, dass er Peking Zugang zu wichtigen Verteidigungstechnologien verschaffen würde.
Mitte 2020 gab Präsident Selenskyj einen Bericht über die wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Implikationen des Motor-Sitsch-Verkaufs in Auftrag. Auf Grundlage der gelieferten geheimdienstlichen Analyse verhängte der Präsident anschließend Sanktionen gegen den Käufer von Motor Sitsch, das chinesische Unternehmen Skyrizon. Einige Tage zuvor hatte das US-Handelsministerium Skyrizon auf seine Liste militärischer Endverwender gesetzt, da das Hersteller-Konglomerat enge Verbindungen zur Volksrepublik China und ihrer Volksbefreiungsarmee unterhält.
Im März 2021 gab der Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine bekannt, dass das Unternehmen verstaatlicht werden soll, da dessen Privatisierung illegal gewesen sei. China forderte die Ukraine daraufhin auf, bei der Entscheidung über die Verstaatlichung die Interessen der Unternehmensinvestoren zu berücksichtigen. Derzeit strebt Skyrizon ein neues Schiedsgerichtsverfahren gegen die Ukraine an, um den juristischen Druck auf sie zu erhöhen; bereits 2020 brachte Skyrizon ein internationales Schiedsverfahren über 3,5 Milliarden US-Dollar gegen Kyjiw auf den Weg. Trotz dieser Druckmittel unterzeichnete Präsident Selenskyj am 24. März 2021 eine Verordnung, die die Verstaatlichung in Kraft setzte.
Diese Entwicklungen werden sich mit Sicherheit auf die bilateralen ukrainisch-chinesischen Beziehungen auswirken. Teil der chinesischen Reaktion auf den Beschluss zur Verstaatlichung war ein Besuch von chinesischen Unternehmensvertretern im März 2021 auf der Krim, die das touristische Potential der Halbinsel prüfen sollten. Im Anschluss an den Besuch forderte das chinesische Außenministerium die Ukraine auf, eine Politisierung von Kooperationen chinesischer Firmen mit Unternehmen auf der Krim zu unterlassen.
Sanktions-Ping-Pong zwischen Russland und der Ukraine
Im Februar verlängerte die russische Regierung die Liste von Gütern, die nicht aus der Ukraine importiert werden dürfen. Neu hinzu kamen vor allem Eisenbahnräder und einige andere Bauteile für Eisenbahnwaggons. Außerdem setzte Russland neun weitere ukrainische Unternehmen auf seine Sanktionsliste, auf der nun 84 ukrainische Personen und Unternehmen stehen.
Im Gegenzug erweiterte die ukrainische Regierung ihre Sanktionslisten von russischen Bürgern und Unternehmen – hinzu kamen etliche russische Medienkanäle sowie staatliche Funktionsträger. Präsident Selenskyj setzt erst seit kurzem auf Sanktionen gegen Russland als Instrument zur Wahrung der nationalen Sicherheit.
Bericht des Iran über den Abschuss eines ukrainischen Flugzeugs
Am 31. Dezember 2020 übermittelte die iranische Regierung Kyjiw ihren Abschlussbericht zum Abschuss eines zivilen Flugzeugs am 8. Januar 2020. Ukrainische Amtsträger bezeichneten das Dokument als »zynischen Versuch« der Verschleierung der wahren Absturzursachen und stellten weiterhin fest, der Bericht verleugne die Schuld statt die Umstände des Vorfalls zu untersuchen. Außerdem hätten iranische Behörden die im Abkommen über die internationale Zivilluftfahrt festgelegten Bestimmungen verletzt. Vertreter des US-Außenministeriums sagten, die USA würden sich dafür einsetzen, dass der Iran für den Vorfall vor Gericht gestellt werde.
Beziehungen zur EU
Am 11. Februar kam der EU-Ukraine-Assoziierungsrat zu einem regulären Treffen in Brüssel zusammen. Der ukrainische Premierminister Denys Schmyhal thematisierte dabei die Fortschritte der Ukraine bei der Umsetzung der im Assoziierungsabkommen festgelegten notwendigen Reformen. Die EU-Vertreter Josep Borrel und Valdis Dombrovskis drängten Kyjiw in Bezug auf die Situation in der Ukraine auch, mehr für die Bekämpfung der Korruption und die Stärkung des Rechtsstaats zu tun, und das Europäische Parlament verabschiedete eine Resolution zur Ukraine, die die gleichen Bedenken enthält.
Beziehungen zu Ungarn
Der ungarische Außenminister Peter Szijjártó stattete Kyjiw im Januar 2021 einen offiziellen Besuch ab, bei dem er seinen ukrainischen Kollegen traf. Das Treffen wurde arrangiert, um die Verschlechterung der Beziehungen zwischen beiden Ländern zu stoppen. Diskutiert wurde die Bildung einer bilateralen Arbeitsgruppe zur fairen Beilegung des ukrainisch-ungarischen Konflikts um bildungs- und kulturpolitische Maßnahmen beider Seiten. Die Minister waren sich einig, dass die Spannung zwischen ihren Ländern in verletzten Emotionen und mangelndem Vertrauen gründen und überwunden werden können und sollen.
Beziehungen zu Moldau
Am 12. Januar stattete die Präsidentin der Republik Moldau, Maia Sandu, der Ukraine einen offiziellen Besuch ab, bei dem sie Präsident Selenskyj, Premierminister Denys Schmyhal und Außenminister Dmytro Kuleba traf. Gesprochen wurde über Themen aus den Bereichen bilateraler Handel, territoriale Integrität beider Länder, Modernisierung der Grenzinfrastruktur und über Wasserstreitigkeiten um den Schwarzmeerzufluss Dnister. Die Staatsoberhäupter einigten sich auf eine weitere Zusammenarbeit im Energie- und Infrastrukturbereich.
Präsident Selenskyjs Besuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten
Am 14. und 15. Februar besuchte Präsident Selenskyj die Vereinigten Arabischen Emirate, wo etliche Vereinbarungen und Absichtserklärungen über Investitionen und Militärkooperationen unterzeichnet wurden. Außerdem einigten sich etliche große ukrainische Privatunternehmen mit Mubdala, dem staatlichen Investitionsunternehmen der Emirate, auf gemeinsame Absichtserklärungen.
2. Innenpolitik
Sanktionen und andere Maßnahmen gegen prorussische Politiker in der Ukraine
Im Februar 2021 belegten Präsident Selenskyj und der Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat zwei ukrainische Politiker mit Wirtschaftssanktionen. Die Parlamentsabgeordneten Wiktor Medwedtschuk und Taras Kozak werden prorussischer Aktivitäten und der Terrorismusfinanzierung (in Form von Kooperation mit den nicht anerkannten Republiken im Donbas) verdächtigt. Medwedtschuk ist eine Führungsfigur der Partei Oppositionsplattform – Für das Leben und mit Wladimir Putin persönlich eng verbunden. Seit 2014 versuchte er, als Vermittler zwischen der Ukraine auf der einen Seite und Russland sowie den nicht anerkannten Republiken auf der anderen Seite zu agieren, obwohl Kyjiw ihn in dieser Funktion nicht anerkannt hat.
Über die Sanktionen werden drei Fernsehkanäle, die offiziell Kozak gehören, sowie der Verkauf von Anteilen einer Benzinfirma, die mutmaßlich Medwedtschuk gehört, verboten. Die Unternehmen sind wichtige Akteure auf dem ukrainischen Kraftstoffmarkt und importieren Benzin aus Russland.
Mit der Begründung, diese sei illegal privatisiert worden, brachte der Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine auch eine mögliche Verstaatlichung der Pipeline, durch die das Benzin aus Russland transportiert wird, ins Spiel. Der Geheimdienst der Ukraine leitete unterdessen eine Untersuchung wegen des Verdachts, dass Kozak und Medwedtschuk einen Staatsstreich vorbereiteten und Terrorismus finanzierten, ein.
Im Februar und März beschloss der Sicherheits- und Verteidigungsrat außerdem eine Reihe von Sanktionen gegen andere Unternehmen und Einzelpersonen, darunter auch russische Staatsbürger.
Einige bekannte ukrainische NGOs unterstützten die Sanktionen gegen die Fernsehkanäle öffentlich und argumentierten, diese seien kein Angriff auf die freie Meinungsäußerung – wie mitunter behauptet –, sondern ein notwendiger Schritt im Kampf gegen ausländische Beeinflussung.
Covid-19 in der Ukraine
Im ersten Quartal 2021 wurde die Ukraine von einer dritten Welle der Covid-19-Pandemie getroffen. Die Rate der täglichen Neuinfektionen erreichte im März mit 18.000 einen neuen Höchststand, bei über 300 Todesfällen pro Tag. Zum 20. März setzte das Kabinett erneut eine Verschärfung der Quarantäne-Regeln in Kraft.
Am 24. Februar startete die Ukraine eine Kampagne zur Massenimpfung, die jedoch nur langsam vorankam; Ende März hatten erst 200.000 Ukrainerinnen und Ukrainer eine erste Impfdosis erhalten. Die ukrainische Bevölkerung, auch das medizinische Personal, vertraut dem verfügbaren Impfstoff Covishield nicht, der in Indien analog zu dem Oxford-Mittel von Astrazeneca produziert wird. Laut einer Umfrage des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen geht das geringe Vertrauen in die Impfung auf Desinformationen über Covid-19 und damit zusammenhängende Themen zurück. Außerdem fehlen der Ukraine die nötigen Impfstoffmengen, um ein schnelles Programm zur Massenimpfung zu organisieren.
Auch die ukrainische Wirtschaft wurde von der andauernden Pandemie schwer getroffen. 2020 fiel der Handelsumsatz um 6,4 Prozent, das Bruttoinlandsprodukt des Landes ging um vier Prozent zurück. Der Umfang der ausländischen Direktinvestitionen war der niedrigste der letzten 20 Jahre. Sollten die behördlichen Beschränkungen in den Regionen gelockert werden, könnte im zweiten Quartal 2021 eine Erholung der Wirtschaft einsetzen.
Untersuchung des Charkiw-Abkommens von 2010
Der Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine beschloss eine Untersuchung sämtlicher Verfügungen des geflüchteten ehemaligen Präsidenten Wiktor Janukowytsch, um festzustellen, ob sie die nationale Sicherheit bedrohen könnten. In diesem Zusammenhang gab der Sekretär des Sicherheits- und Verteidigungsrats Oleksij Danylow bekannt, dass auch die Gründe für die Unterzeichnung des Charkiw-Abkommens 2010 untersucht werden sollen – damals stimmte die Ukraine einer Pachtverlängerung für die russische Schwarzmeerflotte auf der Krim bis 2042 zu und erhielt im Gegenzug einen Preisnachlass von 100 US-Dollar auf den ursprünglichen Preis von 330 US-Dollar pro 1.000 Kubikmeter russischen Gases. Russland kündigte den Vertrag zwar nach der Annexion der Krim-Halbinsel 2014, der Sicherheitsdienst der Ukraine ließ allerdings wissen, dass er die Abgeordneten der Werchowna Rada von 2010 zu ihrer Zustimmung zur Ratifizierung des Pakts befragen werde, um mögliche Hochverratsfälle gegen den Staat aufzudecken.
Die Entwicklungen um das Verfassungsgericht der Ukraine
Präsident Selenskyj führte seinen Kampf mit dem Verfassungsgericht der Ukraine (VGU) fort und forderte den Rücktritt etlicher seiner Mitglieder, die unter Korruptionsverdacht stehen. Die letzte Episode spielte sich am 27. Oktober 2020 ab, als das VGU ein Urteil verkündete, das einige rechtliche Regelungen in Bezug auf Verfahren und Institutionen der Korruptionsbekämpfung verfassungswidrig seien und im Widerspruch zur Unabhängigkeit der Justiz stehen. Präsident Selenskyj erließ daraufhin mehrfach Dekrete zur Suspendierung von Vorsitzenden Richtern des VGU. Um zwei Richter zu entlassen, annullierte er am 27. März die Dekrete, durch die sie zu Verfassungsrichtern ernannt worden sind.
Hierbei muss erwähnt werden, dass die gesetzliche und verfassungsrechtliche Gültigkeit dieser Entscheidungen Selenskyjs zweifelhaft ist.
Proteste gegen Energiekosten
Ende 2020 erhöhte die Regierung den Strompreis für Privathaushalte, der seit Anfang 2017 unverändert geblieben war. Wegen einer 2020 beschlossenen Liberalisierung des Erdgasmarkts für Privathaushalte sind die Preise seit Anfang 2021 an Marktschwankungen gekoppelt. Dadurch erhielten die Privathaushalte im Januar und Februar höhere Rechnungen, als sie erwartet hatten, was in der Ukraine zu einer Protestwelle führte – laut Geheimdienst der Ukraine wurde sie von Russland angestachelt.
Als Reaktion auf die Proteste deckelte die Regierung die Gaspreise bis Ende März, was nach Ansicht vieler Beobachter für einen robusten Gasmarkt, der wieder auf die Füße zu kommen versucht, eine Bedrohung darstellt. In der Ukraine besteht das Risiko, dass politische Führungsfiguren aus paternalistischen und populistischen Motiven heraus Reformen untergraben; insbesondere der IWF hat auf einen stabilen Gasmarkt als Bedingung für die Freigabe zusätzlicher Kredittranchen an die Ukraine gedrungen.
3. Reformfortschritte und Erfolgsgeschichten
S&P Global Ratings bestätigte für die Ukraine erneut die Bewertung B mit stabilem Ausblick für lang- und kurzfristige Zahlungsverpflichtungen in ausländischer oder Landeswährung. Verhandlungen zwischen der ukrainischen Regierung und dem IWF im ersten Quartal 2021 endeten allerdings ohne Vereinbarung. Der IWF ließ verlautbaren, dass die Unabhängigkeit der Nationalbank der Ukraine wie auch der Antikorruptionsstellen die entscheidende Bedingung für eine weitere Zusammenarbeit sei.
Im Januar schlugen die Botschafter der G7-Länder mit Botschaften in der Ukraine eine Roadmap zur Erneuerung des Vertrauens ins ukrainische Justizsystem vor. Der Plan enthält Empfehlungen für eine bessere Arbeitsweise des VGU und eine bessere Auswahl der VGU-Richter, außerdem Empfehlungen zur Reformierung des Hohen Justizrats, der Zukunft des Obersten Gerichts, einer stärkeren Verantwortlichkeit der Richter, zur Etablierung von Transparenzrichtlinien und zu Kriterien für einen Wettbewerb bei der Richterauswahl sowie einer unterbrechungsfreien und unabhängigen Arbeitsweise der ukrainischen Institutionen zur Korruptionsbekämpfung. In der Folge erkannte Präsident Selenskyj öffentlich an, dass es Probleme mit dem Justizsystem gibt.
Berater aus EU und USA kritisierten den Ansatz, die Arbeit der Hohen Berufungskommission für Richter 2021 wieder anlaufen zu lassen; das Ausscheiden von Richtern aus dem aktuellen System ohne stabil etablierten Neubesetzungsmechanismus wird als Einschränkung der allgemeinen Verfügbarkeit des Rechtssystems gesehen. Eine Hauptsorge gilt dem Vorschlag, der Kommission mehr Macht zu übertragen. Außerdem zeigten sich die Kritiker alarmiert darüber, dass diejenigen, die eine Neuauflage der Kommission anstreben, die Empfehlungen der Venedig-Kommission in Bezug auf neue Befugnisse der Kommission sowie besonders auf eine angemessene richterliche Vertretung in der Kommission möglicherweise ablehnen. Denn Konflikte zwischen Kommission und VGU über Rechtsfragen sollen vermieden werden.
Im März unterzeichnete Präsident Selenskyj das Gesetz zur Gründung des Büros für wirtschaftliche Sicherheit (BWS). Dieses soll den Druck auf Unternehmen verringern, der durch willkürliche Besteuerung und kriminelle Eingriffe in geschäftliche Aktivitäten entsteht. Die neue Agentur soll einen analytischen Ansatz zum Schutz rechtmäßiger Geschäftstätigkeiten anwenden, Organisationen der Schattenökonomie ausfindig machen und nicht schwerfällig agieren. Sobald sie ihre Arbeit aufnimmt, wird die Steuerpolizei aufgelöst.
Im März bestätigte der Präsident eine Neufassung der Militärischen Sicherheitsstrategie der Ukraine. Sie enthält einen umfassenden Ansatz zur Verteidigung der Ukraine angesichts andauernder militärischer Drohungen und eines hybriden Kriegs mit Russland.
Ende März bestätigte Präsident Selenskyj eine Nationale Menschenrechtsstrategie für die nächsten fünf Jahre. Sie kennzeichnet die Besetzung der Krim und den Krieg im Donbas, Rechtsstaatlichkeit und Justizverwaltung sowie Frauenrechte, freie Meinungsäußerung und Hassverbrechen als problematischste Menschenrechtsthemen in der Ukraine.
4. Die Situation im Donbas
Im ersten Quartal 2021 verschlechterte sich die Situation im Donbas verglichen mit den letzten sechs Monaten des Jahres 2020. Anzahl wie Schwere der Angriffe und die Zahl der Opfer stiegen deutlich.
Eine von 47 Ländern unterstützte Resolution der UN-Generalversammlung vom 26. März bezeichnete Russland in der Ostukraine als Konfliktpartei, nicht als Vermittler. Die russische Regierung unterstützt weiterhin bewaffnete Separatisten im Donbas und stellt weiter militärisches Material zur Verfügung. Laut Direktion des ukrainischen Militärgeheimdiensts hat Russland allein im März Panzer- und Personenminen, unbemannte Fluggeräte, Stationen zur elektronischen Kriegführung sowie etliche Dutzend Militärjeeps für »schnelle Reaktionen« inklusive Treibstoff in den Donbas geschickt.
Die von Russland unterstützten bewaffneten Separatisten im Donbas verweigerten Vertretern der Internationalen Atomenergiebehörde in nicht von der Regierung kontrollierten Teilen der Oblaste Donezk und Luhansk den Zugang zu Lagerstätten von Nuklearmaterial.
Ein Regierungsvertreter Selenskyjs berichtete von Plänen der Regierung, einen Gipfel im Normandie-Format zu organisieren. Da Russland diese Möglichkeit jedoch blockiert, plant Präsident Selenskyj, mit den Regierungschefs von Deutschland, Frankreich und Russland einzeln persönlich zu sprechen. Momentan sind die Gespräche über den Donbas festgefahren und niemand sieht einen Ausweg aus der Sackgasse.
Übersetzung aus dem Englischen: Sophie Hellgardt
Das Kennan Institute des Wilson Center bringt unter dem Titel »Ukraine Quarterly Digest« jährlich vier Quartalsberichte heraus, die kurz und prägnant zentrale innen- und außenpolitische Entwicklungen der vergangenen Monate in der Ukraine zusammenfassen. Der jüngste Bericht für das erste Quartal des Jahres 2021 ist am 7. April 2021 erschienen und zugänglich unter: https://www.wilsoncenter.org/blog-post/ukraine-quarterly-digest-january-march-2021.
Die Redaktion der Ukraine-Analysen bedankt sich beim Kennan Institute des Wilson Center für die Kooperation und die Erlaubnis, den Quartalsbericht in deutscher Übersetzung abdrucken zu dürfen.