Von Inna Melnykovska, Rainer Schweickert
Zusammenfassung
Die Frage, inwieweit der institutionelle Wandel in einem Land von außen zu beeinflussen ist, spielt in der Debatte um den Einfluss der EU auf die osteuropäischen Länder eine zentrale Rolle. Ein starkes Einflusspotential wird der Erweiterungspolitik der EU, die den Mitgliedschaftsanreiz beinhaltet, zugeschrieben. Das Potential der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) der EU wird dagegen kritisch eingeschätzt. Die ENP baut gegenwärtig auf den Mechanismen und Instrumenten der EU-Erweiterung, jedoch ohne den Mitgliedschaftsanreiz. Hinzu kommt, dass die EU erweiterungsmüde ist. Eine realistische Möglichkeit für die EU, den institutionellen Wandel in einem Nachbarland zu fördern, besteht jedoch darin, zuerst die reformtreibenden Kräfte in der Bevölkerung oder in der Elite zu identifizieren und diesen dann gezielte Anreize für die Unterstützung des institutionellen Wandel anzubieten. In der Ukraine kann sich die EU dabei vor allem auf die wirtschaftlichen Interessen der oligarchischen Clans stützen. Die oligarchischen Clans, die einflussreiche und reformtreibende Kräfte in der Ukraine sind, interessieren sich zunehmend für den EU-Markt und EU-Investitionen. Sollten die wirtschaftlichen Anreize im Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine für die Oligarchen attraktiv erscheinen, klar formuliert und an dForderungen nach demokratischen und marktwirtschaftlichen Reformen gebunden werden, kann auch die ENP ohne Mitgliedschaftsanreiz zu einer Erfolgsgeschichte werden.