Wirtschaftsinteressen und institutioneller Wandel in der Ukraine – vernachlässigtes Potential der Europäischen Nachbarschaftspolitik der EU

Von Inna Melnykovska, Rainer Schweickert

Zusammenfassung
Die Frage, inwieweit der institutionelle Wandel in einem Land von außen zu beeinflussen ist, spielt in der Debatte um den Einfluss der EU auf die osteuropäischen Länder eine zentrale Rolle. Ein starkes Einflusspotential wird der Erweiterungspolitik der EU, die den Mitgliedschaftsanreiz beinhaltet, zugeschrieben. Das Potential der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) der EU wird dagegen kritisch eingeschätzt. Die ENP baut gegenwärtig auf den Mechanismen und Instrumenten der EU-Erweiterung, jedoch ohne den Mitgliedschaftsanreiz. Hinzu kommt, dass die EU erweiterungsmüde ist. Eine realistische Möglichkeit für die EU, den institutionellen Wandel in einem Nachbarland zu fördern, besteht jedoch darin, zuerst die reformtreibenden Kräfte in der Bevölkerung oder in der Elite zu identifizieren und diesen dann gezielte Anreize für die Unterstützung des institutionellen Wandel anzubieten. In der Ukraine kann sich die EU dabei vor allem auf die wirtschaftlichen Interessen der oligarchischen Clans stützen. Die oligarchischen Clans, die einflussreiche und reformtreibende Kräfte in der Ukraine sind, interessieren sich zunehmend für den EU-Markt und EU-Investitionen. Sollten die wirtschaftlichen Anreize im Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine für die Oligarchen attraktiv erscheinen, klar formuliert und an dForderungen nach demokratischen und marktwirtschaftlichen Reformen gebunden werden, kann auch die ENP ohne Mitgliedschaftsanreiz zu einer Erfolgsgeschichte werden.

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Artikel

Zweieiige Zwillinge. PiS und Fidesz: Genotyp und Phänotyp

Von Kai-Olaf Lang
Die regierenden Parteien in Polen und Ungarn haben vieles gemeinsam. Beide streben einen neotraditionalistischen Umbau von Staat und Gesellschaft an. Demokratie verstehen sie als Mehrheitsherrschaft, das Mandat, das sie vom Volk an den Wahlurnen erhalten haben, soll nicht durch „checks and balances“ beschränkt werden. In der EU setzen PiS und Fidesz auf die Sicherung und den Ausbau nationalstaatlicher Hoheitsbereiche. Aufgrund außen- und europapolitischer Differenzen – insbesondere in der Sicherheits- und Russlandpolitik – ist allerdings keine nationalkonservative Achse in Ostmitteleuropa entstanden. (…)
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Analyse

Wie weiter? Das Assoziierungsabkommen der EU im Spannungsfeld von Wirtschaft und Menschenrechten

Von Thomas Vogel
Die Politik der EU gegenüber der Ukraine wird von unterschiedlichen Ansichten und Hoffnungen verschiedener Akteure angetrieben, allen voran den einzelnen Mitgliedstaaten. Da sind einerseits jene, die vor allem eine stärkere und schnellere Anbindung des Landes an die EU forcieren, und andererseits die Skeptiker, die die Staaten in der EU-Nachbarschaft auf Distanz halten wollen. Das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine ist das mit Abstand wichtigste und effektivste Instrument, um ernsthafte Reformen in der Ukraine voranzutreiben, sagen die Befürworter. Bevor es unterzeichnet oder ratifiziert wird, müssen sichtbare positive Signale aus der Ukraine kommen, argumentieren die Skeptiker.
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