Die Forderungen des Akademischen Protestkomitees an die "Verfassung für die Wissenschaft", Juni 2018

Während der Protestwelle im Juni 2018 gegen die geplante Reform des Hochschulwesens in Polen stellte das Akademische Protestkomitee im Namen der im ganzen Land streikenden Studenten und Wissenschaftler eine Liste von elf Forderungen auf.

Forderungen des Akademischen Protestkomitees

Wir fordern:

Demokratisierung der Hochschulen. Die gesetzlich garantierte Wahl der Vertreter der akademischen Gemeinschaft für alle Entscheidungs- und Führungsgremien sowie die Erhöhung der demokratischen Standards bei den Rektorenwahlen.Autonomie für die Hochschulen. Entzug des dem Hochschulrat eigenen Rechtes, die Kandidaten für das Amt des Rektors vorzuschlagen und die Hochschulstrategie zu bestimmen.Aufrechterhaltung der Fakultätsstruktur. Aufrechterhaltung der Fakultätsstruktur auf Gesetzesebene.Hochschulen ohne Politiker. Einstellung der Angriffe auf die Unabhängigkeit der Wissenschaft und Schutz der Forschungsfreiheit vor der parteiischen Konstruktion von Stipendienprogrammen und vor politischer Einmischung.Sicherstellung der Transparenz. Garantie auf einen breiten Zugang zu öffentlichen Informationen sowie auf Transparenz bei finanziellen und administrativen Entscheidungen im universitären Bereich.Erhöhung der Finanzierung. Erhöhung der Finanzierung für die Wissenschaft und das Hochschulwesen (insgesamt auf mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes) im Laufe der nächsten Jahre.Sicherstellung würdiger sozialer Bedingungen. Die Verbreitung und Aufwertung von Sozial- und Wissenschaftsstipendien auf allen Bildungsebenen sowie die Verbesserung der Infrastruktur – der Studentenwohnheime und der Wohnheime für wissenschaftliche Mitarbeiter –, um die sozialen Barrieren beim Zugang zu Bildung und akademischer Laufbahn auszugleichen.Stärkung der Mitarbeiterrechte. Sicherstellung würdiger Arbeitsbedingungen durch die Einführung von Tarifverträgen mit der Möglichkeit, gegen die Entscheidungen des Ministeriums sowie der Rektorengremien zu streiken.Publikationsgarantie in polnischer Sprache. Zuverlässige Garantien für die Möglichkeit, in den humanistischen Wissenschaften und den Sozialwissenschaften Untersuchungen in polnischer Sprache durchzuführen und zu publizieren.Einspruch gegen die Zentralisierung. Das Einstellen der Angriffe auf die Interessen der Regionen sowie den Rückzug der Gesetzesvorschriften, die die wissenschaftliche und finanzielle Abwertung der regionalen Universitäten ermöglichen, sowie die Öffnung der wissenschaftlichen Karrierepfade in der Weise, dass der Aufstieg nicht nur für die großstädtischen Eliten zugänglich ist, sondern für alle begabten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen.Die Änderung des Artikels 124, Paragraph 5. Wir fordern, dass der Arbeitsvertrag mit dem akademischen Angestellten im Falle eines rechtskräftigen Gerichtsurteils wegen Diebstahls geistigen Eigentums aufgekündigt wird.

Quelle: https://oko.press/gowin-laczy-najgorsze-cechy-obecnego-i-poprzedniego-rzadu-jest-autorytarnym-neoliberalem/ (abgerufen am 25.09.2019).

Übersetzung aus dem Polnischen: Silke Plate

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Analyse

Die "Verfassung für die Wissenschaft" – über die Reform des akademischen Sektors in Polen

Von Rafał Riedel
Zu den zahlreichen Veränderungen der konservativen Regierung in Polen seit 2015 gehört auch eine umfassende Hochschulreform, die seit Oktober 2018 in Kraft ist. Sie war nötig, so das Regierungslager, weil die zahlreichen Reformen nach 1989 vor allem durch die Kommerzialisierung des schnell wachsenden Systems (dynamischer Zuwachs von Studierenden an öffentlichen und vor allem an neu entstandenen privaten Hochschulen) gekennzeichnet waren, jedoch keine signifikante Qualitäts- und Leistungssteigerung im internationalen Vergleich gebracht hatten. So zielt das aktuelle Reformprojekt auf die Konzentration von Ressourcen auf einige wenige »Flaggschiffe« durch die Stärkung der Rolle der Hochschulrektoren und des Ministeriums auf Kosten der bisher weit verbreiteten Autonomie. Polnische wissenschaftliche Einrichtungen sollen mehr Forschung betreiben und sich international zeigen, unterstützt durch eine großzügigere staatliche Finanzierung, die verstärkt auf Evaluierungen basiert. Kritiker werfen der neuen »Verfassung für die Wissenschaft« vor, das Hochschulsystem zu zentralisieren und dadurch politisch zu instrumentalisieren
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