Konferenz des Episkopats: Erklärung des Migrations-, Tourismus- und Pilgerrates zu in Polen eintreffenden Geflüchteten

[…] Im Bewusstsein der Katholiken muss die Lehre zum Vorschein kommen, welche seit der Entstehung der Kirche Bestand hat, dass die Aufgabe eines Christen ist, Christus in seiner Ankunft zu erkennen und aufzunehmen. Entfachen wir in uns die Vorstellung von Barmherzigkeit, die es uns erlaubt, denen zu helfen, die Hilfe benötigen, während wir so die Aufgabe des barmherzigen Samariters annehmen. Wir bitten die Menschen guten Willens – unabhängig von ihrer Religion – um Solidarität mit Kriegsflüchtlingen, Verfolgten oder Notleidenden, die zu uns kommen. Wir appellieren an alle, während wir die Worte von Papst Franziskus wiederholen: Es geht nicht nur um die Migranten. Es geht um unsere Menschlichkeit (Botschaft zum Welttag des Migranten und Flüchtlings, 2019).

4. In einer angespannten Situation ruht eine besondere Verantwortung auf Politikern und Medien. Wir bitten die Vertreter aller politischen Kräfte darum, dass sie gemeinsam Lösungen für die komplizierten Migrationsprobleme suchen und sich vor allem an die Haltung von Gastfreundschaft, Respekt vor den Ankömmlingen und Gemeinwohl aller Polen halten. Die verständliche Sorge um die eigenen Bürger kann keine ausreichend zu begründende Voraussetzung dafür sein, dass Grenzen für Schutzsuchende geschlossen werden. […]

Unsere Vorfahren waren in der Zeit der polnischen Teilungen, im Zweiten Weltkrieg und in den Jahren des Kommunismus Emigranten und Flüchtlinge. Sie erfuhren Hilfe von Menschen anderer Kulturen und Religionen. Neuankömmlingen Grundrechte abzusprechen, bedeutet, sich von der eigenen Geschichte abzukehren und im Widerspruch zu unserem christlichen Erbe zu stehen.

Warschau, 22. August 2021

Der Rat der Konferenz des polnischen Episkopats zu Migration, Tourismus und Pilgern

Bischof Krzysztof Zadarko, Vorsitzender

Quelle: Komunikat Rady Konferencji Episkopatu Polski ds. Migracji, Turystyki i Pielgrzymek ws. uchodźców docierających do Polski [Erklärung des Rates der Konferenz des polnischen Episkopats zu Migration, Tourismus und Pilgern in der Sache nach Polen eintreffendender Geflüchteter]. In: ekai.pl, https://www.ekai.pl/dokumenty/komunikat-rady-konferencji-episkopatu-polski-ds-migracji-turystyki-i-pielgrzymek-ws-uchodzcow-docierajacych-do-polski/ (abgerufen am 21.01.2022).

Übersetzung aus dem Polnischen: David Swierzy

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Analyse

Die "Migrationskrise" an der polnischen EU-Außengrenze mit Belarus

Von Gert Röhrborn
Besonders in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 kam es entlang der östlichen EU-Außengrenze in den baltischen Staaten und in Polen zu einer politisch höchst problematischen und humanitär prekären Situation, in der das belarussische Regime unter Alexander Lukaschenko vor allem Personen aus arabischen und afrikanischen Ländern nach Belarus einfliegen ließ, um so einen künstlichen »Migrationsdruck« auf die EU aufzubauen. Da diesen Menschen insbesondere von der polnischen Seite der Grenzübertritt entschieden und unter Anwendung von Zwangsmitteln, die zumindest in Teilen nicht mit internationalem und polnischem Recht konform waren, verweigert wurde, sie aber von belarussischen Sicherheitskräften ebenfalls mit Gewalt zurück in Richtung Polen getrieben wurden, kampierten viele von ihnen an der Grenze und versuchten verzweifelt und teils auf gewaltsame Weise, doch noch auf EU-Territorium zu gelangen. Der vorliegende Artikel beschreibt den Verlauf dieses Ereignisses und analysiert es mit Blick auf die Situation in Polen. Dabei werden Argumente für die These angeführt, dass die offiziell vertretene geopolitische Perspektive das Geschehen nicht ausreichend erfasst und die gefährlichen gesellschaftlichen und politischen Auswirkungen der Reaktion der polnischen Regierung und ihrer europäischen Partner in den Hintergrund drängt.
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