Das polnische Theater auf der Suche nach einem anderen gesellschaftlichen Raum

Von Wolfgang Schlott

Zusammenfassung
Die Öffnung der polnischen Schauspieltheater in den öffentlichen Raum und Initiativen von freien Spielgruppen stellten ein in der polnischen Theatergeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts häufiges Phänomen dar. Der Konflikt mit dem autoritären Staat schlug sich in zahlreichen Theateraktionen, zuletzt noch am Ende der 1980er Jahre, nieder. Mit eher organisatorisch-institutionellen Schwierigkeiten wurden die freien Theatergruppen seit 1989 konfrontiert. Sie standen nunmehr vor dem Problem, einen bescheidenen Platz neben den ohnehin unter ständigen finanziellen Defiziten leidenden „normalen“ Theatern zu besetzen. Dabei erzielten einige unter ihnen erstaunliche Erfolge bei der Bereicherung des Theaterlebens. Auffällig im Konkurrenzverhältnis zwischen den ehemaligen alternativen Theatergruppen und den professionellen Ensembles an den Stadttheatern ist, dass die Grenzen zwischen beiden verwischen. Die fließenden Übergänge zwischen etabliertem Theaterbetrieb und nichtinstitutionellen Theatergruppierungen sind für die vergangenen 17 Jahre bezeichnend. Ein entscheidender ästhetischer Wandel in der polnischen Theaterlandschaft hat sich nach Einschätzung professioneller Beobachter in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre mit den Inszenierungen der „Jungen Begabten“ vollzogen, von denen einige auch an deutschen Theatern erfolgreich Regie führen.

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Lesetipps / Bibliographie

  • Polnisch-deutsche Theaterbeziehungen seit dem Zweiten Weltkrieg. Hrsg. Hans-Peter Bayerdörfer, Małgorzata Leyko, Małgorzata Sugiera. Tübingen (Niemeyer Verlag) 1998 (Theatrum, Bd. 26).
  • Józef Szajna. Kunst und Theater. Hrsg. von Ingrid Scheurmann und Volkhard Knigge. Göttingen (Wallstein Verlag) 2002.

Zum Weiterlesen

Analyse

Berlin auf der Karte der polnischen Kunst

Von Nawojka Ćieślińska-Lobkowicz
Das künstlerische Berlin war seit Aufbruch der Avantgarde des 20. Jahrhunderts bis zum Ende der Weimarer Republik für die modernen Künstler aus Osteuropa, u. a. auch für polnische, eine attraktive Alternative zu den eigenen, eher konservativen und in sich geschlossenen Kreisen. Mit der nationalsozialistischen Herrschaft nahm diese Tradition zwangsläufig ein jähes Ende und geriet nach Entstehen der zwei gegnerischen politischen Blöcke in Europa bis 1989 in Vergessenheit. (…)
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Analyse

Zum Minderheitenstatus der polnischsprachigen Migranten in Deutschland

Von Andrzej Kaluza
Der deutsch-polnische Nachbarschaftsvertrag von 1991 sichert Angehörigen der deutschen Minderheit in Polen und Angehörigen der Gruppe deutscher Staatsbürger mit polnischer Abstammung oder Bekenntnis zur polnischen Sprache, Kultur oder Tradition vergleichbare Rechte zu. Die etwa 300.000 polnischen Staatsbürger, die sich als Deutsche verstehen, werden nicht nur durch den bilateralen Vertrag, sondern auch durch den polnischen Gesetzgeber als Minderheit anerkannt und genießen dadurch bestimmte Förderrechte (Bildung, Kultur, Medien) von Seiten des Staates. Dagegen hat die polnischsprachige Gruppe in Deutschland formalrechtlich nicht den Status einer nationalen Minderheit, da sie nicht zu den traditionellen in Deutschland ansässigen Minderheiten zählt, sondern aus Migranten besteht. Vertreter der »Polonia«-Organisationen in Deutschland streben diesen Status dennoch an. Der Autor weist darauf hin, dass sowohl die historischen Argumente wie auch die Ausdifferenzierung der Selbstidentifikation der Angehörigen der polnischen Gruppe in Deutschland den Status einer nationalen Minderheit nicht begründen können, gleichwohl aus dem deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag einzulösende Verpflichtungen (z. (…)
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